Henne Halber von Löwenstein

Wappen der Halben von Löwenstein. Nach KNODT/RITT.

Henne Halber von Löwenstein (* um 1495; † 1537/1539 in Breuna), auch genannt Henn(e) von Löwenstein, Henne Halber Löwenstein und Henne von Löwenstein Halber, war ein halbbürtiger Adeliger, der im nordhessischen Raum Breuna, Wolfhagen, Volkmarsen ansässig war.

Leben

Henne Halber von Löwenstein war nach Forschungen des Marburger Archivdirektors Carl Knetsch ein unehelicher Sohn des hessischen Hofmeisters Johann von Löwenstein und einer unbekannten bürgerlichen Mutter. [1] Ob diese Auffassung zutrifft, muß dahingestellt bleiben. In der Literatur finden sich keine Hinweise darauf, aus welchen Quellen Knetsch seine Folgerung herleitete. Aus den nachfolgend dargestellten Gründen ist eine nichteheliche Herkunft aus der hessischen Adelsfamilie von Löwenstein jedoch plausibel.

"Henne" ist die Kurzform für "Johannes", möglicherweise war er also nach seinem Vater benannt. Im Jahre 1519 wurde Henne Halber von Löwenstein vom Grafen zu Waldeck mit einer Hufe Landes zu Horigeforst, einer seit dem 14. Jahrhundert wüsten Ortschaft nordwestlich Volkmarsen, belehnt. [2] Am 11. November 1529 stellte Eberhard von Gudenberg für die beiden "Halbbürdigen" Johann von Gudenberg, Bürger zu Wolfhagen, und Henne von Löwenstein zu Breuna einen Lehensbrief aus. [3] Eberhard von Gudenberg war verheiratet mit Anna von Löwenstein, einer Tochter Johanns von Löwenstein und mutmaßlichen Halbschwester Hennes. [4] Eberhard könnte mithin Hennes Schwager gewesen sein.

Henne war verheiratet mit einer Margaretha, deren Herkunft nicht bekannt ist. Möglicherweise stammt sie ebenfalls aus dem hessischen Adelsgeschlecht von Gudenberg. [5] Von jener Familie wurde sie im Jahr 1520 mit einer Leibzucht zu Selbach bei Sachsenhausen belehnt. [6]

Mit Margaretha hatte Henne einen Sohn, Hermann Löwenstein (1520-1572). Dieser war noch unmündig, als Henne starb und Margaretha 1539 Curt Schultheis, Bürgermeister zu Breuna und malsburgischer Beamter an diesem Ort, heiratete. Hermann folgte seinem Stiefvater im Amt des Bürgermeisters. [7]

Als "Halbbürdiger" war Henne Begründer der noch heute in Nordhessen - insbesondere in Breuna, Ehlen und Wolfhagen - weit verbreiteten Familie Löwenstein, deren Herkunft lange Zeit im Dunkeln lag. Angeregt durch den früheren Bürgermeister von Niederelsungen, Heinrich Löwenstein (1862-1938), begann in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts eine intensive Familienforschung, nicht zuletzt motiviert durch den Umstand, daß der auch unter jüdischen Bürgern verbreitete Familienname vielfach die Beibringung eines "Ariernachweises" verlangte. [8] Eine Truhe mit den Familienunterlagen, einschließlich der Lehensbriefe, soll nach dem Dreißigjährigen Krieg mit dem Familienstammhaus in Niederelsungen verbrannt sein, so daß in der Erinnerung der Familie nur noch die Legende fortlebte, sie sei ritterbürtig gewesen und habe ihren Sitz einst auf der Kugelsburg bei Volkmarsen gehabt. [9] Die Familienforschungen der 1930er Jahre konnten sodann jedoch weitere Unterlagen und Lehensbriefe zutage fördern. [10]

Die Halben von Löwenstein waren zu Beginn des 16. Jahrhunderts zur Führung von Wappen und Siegel berechtigt und gebrauchten den durch Schrägbalken und veränderte Tingierung abgewandelten Schild der "echten" Löwensteiner. [11] In von Silber über Rot geteiltem Schild ein gekrönter Löwe in verwechselten Farben, der ganze Schild belegt mit einem schmalen schwarzen Schräglinksbalken. Auf dem rot-silber bewulsteten Helm mit gleicher Decke sieben Federn, drei silberne zwischen vier roten. [12] Eine verwandtschaftliche Verbindung zur althessischen Adelsfamilie von Löwenstein ist somit zwar nicht im einzelnen urkundlich verbürgt, aber dennoch wahrscheinlich, da die "Halben von Löwenstein" ohne Einwilligung der "echten" Löwensteiner kaum deren Namen, Wappen und Siegel hätten nutzen dürfen. Zudem gibt es keine Hinweise darauf, daß die "Halben von Löwenstein" und deren Nachfahren einer gänzlich anderen adeligen oder in ihren Ursprüngen bürgerlichen Familie Löwenstein entstammen könnten. Eine andere adelige Familie von Löwenstein oder ein bürgerliches Geschlecht dieses Namens ist - mit Ausnahme jüdischer Namensträger - in Niederhessen ursprünglich nicht bekannt. Allerdings erscheint denkbar, daß einige Löwensteiner, deren Herkunft nicht geklärt ist, von jüdisch-christlichen Konvertiten abstammen oder sich der Name aus anderen Namensformen (z.B. Lebenstein, Liebenstein) entwickelt hat, ohne daß ein verwandtschaftlicher Zusammenhang besteht.

Literatur

Anmerkungen

[1] Schriftliche Auskunft des Staatsarchivs Marburg, Archivdirektor Carl Knetsch, vom 9. Mai 1931, Nr. 761 (Scan der Abschrift); HITZEROTH, S. 18; KNODT/RITT, S. 62.
[2] HITZEROTH, S. 18; KNODT/RITT, S. 62. Die Lehensbriefe werden im Staatsarchiv Marburg aufbewahrt. Die Lehensurkunde soll am 13. Oktober 1519 ausgestellt worden sein.
[3] KNODT/RITT, S. 62; Hermann STEINMETZ, Die Waldeckischen Beamten vom Mittelalter bis zur Zeit der Befreiungskriege, in: Geschichtsblätter für Waldeck, 56. Band (1964), S. 106 (hier: "halbblütigen"), unter Hinweis auf eine Mitteilung des Kirchenrat D. Grimmell. Johann von Gudenberg war ein Sohn, Enkel oder Neffe des Heinrich von Gudenberg, Bruders von Eberhards Vater Philipp von Gudenberg (STEINMETZ, wie vor, 49. Band (1957), S. 108; 56. Band (1964), S. 18).
[4] Vgl. zu Anna von Löwenstein: Friedrich SCHUNDER, Die von Loewenstein, Geschichte einer hessischen Familie, Band 2 - Regesten und Urkunden, Lübeck 1955, Regest Nr. 570 (S. 225); Stammtafel III - von Löwenstein (-Romrod) - ältere Linie; Otto GROTEFEND/ Felix ROSENFELD/Karl E. DEMANDT, Regesten der Landgrafen von Hessen, Band 6, Teil 2, Ausgabe 2, Marburg 1990, S. 958: Landgraf Philipp bewilligt Eberhard von Gudenburg, daß er seine Frau Anna, geborene von Löwenstein, mit folgenden Gütern bewittumt [...]. Vgl. auch Regesten der Landgrafen von Hessen in: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
[5] Diese Angabe beruht auf familieninternen Überlieferungen, für die hier - derzeit - keine urkundlichen Belege vorliegen. HITZEROTH, S. 18, gibt an, die Familie Margarethas sei unbekannt.
[6] HITZEROTH, S. 18.
[7] HITZEROTH, S. 18.
[8] Vgl. HITZEROTH, S. 17. Diesem "Mißstand" versuchte der aus der gleichen Familie stammende Reichstagsabgeordnete Hans Louis Ferdinand von Löwenstein 1935 mit einem antijüdischen Gesetzesvorschlag zu begegnen.
[9] HITZEROTH, S. 18.
[10] HITZEROTH, S. 18.
[11] HITZEROTH, S. 18.
[12] KNODT/RITT, S. 62.