Korbacher Franziskanermaler ist der Notname eines 1455 oder 1456 geborenen Künstlers, von dem sich drei ursprünglich im Franziskanerkloster Korbach befindliche Flügelaltäre in Korbach und Umgebung und eine Altartafel in Köln erhalten haben, die er jeweils mit einem ganzfigurigen Selbstporträt in der Ordenstracht der Franziskaner signierte. Er starb um 1527. Zum Teil wird der Korbacher Franziskaner Johann Henßberg († 1534) als Urheber vermutet. [1]
Über das Leben des Künstlers ist nichts bekannt. Seine Gemälde stehen in der Tradition der Westfälischen Tafelmalerei, so daß angenommen werden kann, daß er in einer der dortigen Werkstätten ausgebildet wurde, vielleicht in der des Meisters des Schöppinger Altars oder der des Meisters von Liesborn. Hier dürfte er auch Beispiele der Niederländischen Malerei kennengelernt haben, von der er einige Bildfindungen und -formeln übernahm. Auf dem Kalvarienberg-Gemälde von St. Pantaleon ist – als Tempel von Jerusalem – ein Gebäude mit einer Kuppel dargestellt, die zu dieser Zeit nur italienische Kirchen wie Santa Maria del Fiore oder das Pantheon in Rom schmückten. Man kann mithin vermuten, daß er einmal nach Italien gereist war, sei es als Pilger oder Künstler. Sein frühestes datiertes Werk schuf er im bereits vorgerückten Alter von 63 Jahren, so dass gelegentlich darüber spekuliert wird, ob ihm nicht weitere Tafelgemälde zugeschrieben werden können.
Der Franziskusaltar in Nieder-Waroldern, datiert 1519, ursprünglich geschaffen für das Korbacher Franziskanerkloster mit der Kreuzabnahme als Haupttafel und Szenen aus dem Leben des Heiligen Franziskus auf den Flügeln innen sowie dem Porträt des Heiligen Franziskus und des Heiligen Bernhardin von Siena außen. Die Predella ist seit 1938 verloren.
Der Kreuzigungsaltar der Kilianskirche in Korbach. Das 1527 datierte Werk hat der Künstler in seinem 71. Lebensjahr geschaffen. Die Außenflügel zeigen auf ihrer Außenseite Christus als Schmerzensmann und den Hl. Johannes (Evangelist), auf ihren Innenseiten die Apostel Johannes, Andreas, Petrus, Paulus, Simon Zelotes und Bartholomäus sowie Johannes den Täufer und Jesus als Salvator Mundi. Im geöffneten Zustand sehen wir auf der Haupttafel den Kalvarienberg mit Jesus am Kreuz, auf den Flügeln aus der Leidensgeschichte: Jesus im Garten Getsemani, Jesus vor Pilatus, die Geißelung Jesu und die Dornenkrönung. Bei diesem Altar haben sich auch das Maßwerk und die Predella mit den Darstellungen des Passahmahls und des Letzten Abendmahls erhalten.
Der Flügelaltar von St. Nikolai in Korbach, ein Marienaltar, datiert 1518. Die Haupttafel zeigt die Anbetung der Heiligen Drei Könige, ein dem Stand der Fernhandelskaufleute angemessenes Sujet, deren Patron, dem Heiligen Nikolaus von Myra, die am Schnittpunkt der Straßen von Köln nach Leipzig und von Frankfurt am Main nach Bremen gelegene Kirche geweiht war. Die Komposition des Bildes weist auffällige Übereinstimmungen mit dem Hauptbild des Columba-Altars von Rogier van der Weyden auf. Auf den Flügeln sind dargestellt: auf der Innenseite Mariä Verkündigung, Mariä Heimsuchung, die Geburt Christi und die Darbringung Jesu im Tempel sowie außen Maria als Mutter Gottes und die Hl. Katharina von Alexandrien. Predella und Maßwerk sind verloren.
Das Kalvarienberg-Bild in der Kirche St. Pantaleon in Köln, nicht datiert, wohl um 1520. Das Hauptbild eines im übrigen nicht mehr erhaltenen Altars, das wahrscheinlich nach der Reformation nach Köln verbracht worden war.
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Ursula HASSENPFLUG, Der Korbacher Franziskanermaler, in: Klosterglöckchen - Nachrichten für die Mitglieder des Vereins ehemaliger Korbacher Gymnasiasten, 64. Jahrgang, Nr. 3, Dezember 1997 (Kurzbericht über einen Vortrag von Peter WITZEL).
Walter HELLWIG, Das Rätsel um den goldenen Schlüssel, Serie zum Jubiläum "500 Jahre Korbacher Franziskanermaler" - Erster Teil, in: Mein Waldeck - Beilage der Waldeckischen Landeszeitung für Heimatfreunde, Nr. 5/2018, Ausgabe vom 2. März 2018.
Walter HELLWIG, Das Gebet des Franziskanermönches, Serie zum Jubiläum "500 Jahre Korbacher Franziskanermaler" - Der Maler und sein Flehen an Maria, in: Mein Waldeck - Beilage der Waldeckischen Landeszeitung für Heimatfreunde, Nr. 8/2018, Ausgabe vom 13. April 2018.
Walter HELLWIG, Maria als Schwester und Beschützerin, Serie zum Jubiläum "500 Jahre Korbacher Franziskanermaler" - Der Maler und sein Flehen an Maria - Schlussteil, in: Mein Waldeck - Beilage der Waldeckischen Landeszeitung für Heimatfreunde, Nr. 9/2018, Ausgabe vom 27. April 2018.
Walter HELLWIG, Tiere liebevoll auf den Tafeln platziert/Verkündigung der Liebe Gottes - Der Korbacher Franziskanermaler und die Bedeutung der Tiere auf dem Altarbild der Nikolaikirche, in: Mein Waldeck - Beilage der Waldeckischen Landeszeitung für Heimatfreunde, Nr. 17/2018, Ausgabe vom 17. August 2018.
Christine HOLSRÄTER, Der Korbacher Franziskanermaler und sein Werk, Magisterarbeit, Marburg 1992.
Christine HOLSRÄTER, Der hl. Franz von Assisi und der Streit um das Blut Christi: ein seltenes Bildmotiv im Werk des sog. "Korbacher Franziskanermalers ", in: Geschichtsblätter für Waldeck, 82. Band (1994), S. 43-59.
Christine HOLSRÄTER, Der Vorlagengebrauch des Korbacher Franziskanermalers im Vergleich zur Werkstatt der Franziskaner von Meitersdorf - Ein Beitrag zur Rezeptionsgeschichte, in: Geschichtsblätter für Waldeck, 83. Band (1995), S. 11-42.
Christine HOLSRÄTER, Die Abendmahlstypologie auf der Predella des Kreuzigungsaltars in der Korbacher Kilianskirche in: Geschichtsblätter für Waldeck, 84. Band (1996), S. 107-116.
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Peter WITZEL, Selbstbild als Markenzeichen - Zum Jubiläum des Korbacher Franziskanermalers: Künstlersignaturen im ausgehenden Mittelalter, in: Waldeckische Landeszeitung, Ausgabe vom 2. Juli 2018, S. 5.
Peter WITZEL, Wie kam der Flügelaltar in die Domstadt? - Das "Kalvarienberg-Retabel" des Korbacher Franziskanermalers in Köln, in: Mein Waldeck - Beilage der Waldeckischen Landeszeitung für Heimatfreunde, Nr. 15/2018, Ausgabe vom 20. Juli 2018.
Peter WITZEL, Der Passionsaltar in der Kirche St. Kilian - Das letzte große Werk des Korbacher Franziskanermalers wird 1527 vollendet, in: Mein Waldeck - Beilage der Waldeckischen Landeszeitung für Heimatfreunde, Nr. 20/2018, Ausgabe vom 28. September 2018.
Helmut WÖLLENSTEIN, Sehen, hören, glauben - die heutige Bedeutung des spätmittelalterlichen Retabels, in: Esther Meier/Wilhelm Völcker-Janssen (Hrsg.),1518-2018: 500 Jahre Korbacher Franziskanermaler, Beiträge des Kolloquiums am 3. November 2018 im Bürgerhaus Korbach, Korbach 2019, S. 145ff.
[1] Sabine MAIER, Der Franziskus-Altar zu Niederwaroldern - Erkenntnisse zur Bildentstehung und Maltechnik in der Spätgotik, Waldeckische Forschungen, Band 8, Waldeckischer Geschichtsverein e.V. (Hrsg.), Bad Arolsen 1995, S. 141-144.