Paula Conrad
Privatarchiv.
Paula Conrad, geborene Jung (* 10. September 1908 in Limburg a. d. Lahn; † 3. Dezember 1987 in Heppenheim) war eine Lokalpolitikerin (CDU) in Darmstadt.
Paula Conrad war das älteste von drei Kindern des Lokomotivführers Heinrich Jung (1881-1956) aus Schupbach und dessen Ehefrau Pauline, geb. Schmidt (1881-1968) aus Eschenau (Runkel). Sie wuchs mit ihren jüngeren Geschwistern Nelly Löwenstein, geb. Jung (1911-2003) und Hermann Heinrich Jung (1913-1942) bei Limburg/Lahn und in Bebra auf. Sie besuchte zuletzt die Schule in Kassel. 1932 heiratete sie den Bankkaufmann Ernst Conrad (1901-1982) und lebte in Darmstadt, Heinrich-Fuhr-Straße 73. Mit ihrem Ehemann hatte sie eine Tochter: Ingrid Lotte Jaster, geb. Conrad (* 1. Juni 1935 in Darmstadt, † 21. November 2005 ebenda).
Paula Conrad und ihr Ehemann waren Mitglieder des Jungdeutschen Ordens und der Bekennenden Kirche. Während der Zeit des Nationalsozialismus knüpften sie Kontakte mit anderen Widerstandsgruppen, auch mit dem Kreis um Julius Reiber. Nach dem Krieg waren sie maßgeblich beteiligt an der Konstituierung der CDU in Darmstadt. Ernst Conrad war deren Mitbegründer und langjähriger 1. Vorsitzender. Paula Conrad trat 1949 der CDU bei. 1952 wurde sie Stadtverordnete und gehörte sechs Ausschüssen an. Im gleichen Jahr war sie Mitbegründerin der Arbeitsgemeinschaft Darmstädter Frauenverbände. 1960 wurde sie als erste Frau in Darmstadt in den Magistrat berufen. Dieses Amt hatte sie bis 1972 inne. Seit 1967 war sie Dekanatsbeauftragte der evangelischen Frauenhilfe. 1974 zog sie sich aus Altersgründen aus der Politik zurück. 1974 erhielt sie den Ehrenbrief des Landes Hessen und 1975 die Silberne Verdienstplakette der Stadt Darmstadt. [1]
Bei der Bundestagswahl 1961 stand sie auf der hessischen Landesliste der CDU. [2]
Paula Conrad war im Bereich der evangelischen Kirche vielfältig engagiert: in der jungdeutschen Schwesternschaft, Dekanatsbeaufragte und Vorstandsmitglied der Evangelischen Frauenhilfe, Deligierte des Vorstandes der Evangelischen Gesamtgemeinde und in dessen Finanz- und Verwaltungsausschuß tätig. Mitglied des Kirchenvorstandes der Johannisgemeinde, Vorstand des ökomenischen Literaturkreises. Der ökumenische Gedanke war ihr ein großes Anliegen, sie versuchte insbesondere die Verbindung zu katholischen Frauenvereinigungen herzustellen. Sie gehörte außerdem zu den Mitbegründerinnen des Vereins für Hauspflege e.V. [3]
Ihre Wahl in den Magistrat betrachtete sie als "Anerkennung der von Frauen geleisteten politischen und außerpolitischen Arbeit. Bewußt habe ihre Partei eine Frau in den Magistrat entsandt, um die Belange der Frauen, deren Stimme immer einen wesentlichen Ausschlag bei Wahlen geben, stärker berücksichtigt zu sehen." [4] Daß Sie sich in einer von Männern dominierten Politik letztlich durchsetzen konnte, führte sie darauf zurück, "daß sie stets eine eigene Meinung vertrat, sich vor kritischen Äußerungen nicht scheute und immer bereit war, die an sie herangetragenen Aufgaben zu erfüllen." [5] Rückblickend äußerte sie sich bedauernd über "sogenannte Männergespräche, in die man als Frau nicht einbezogen wird und in denen doch immer wieder wichtige politische Fragen besprochen werden, die eine Politikerin dann erst wesentlich später erfährt." [6]
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- Stadtlexikon Darmstadt, S. 131, herausgegeben vom Historischen Verein für Hessen im Auftrag des Magistrats der Wissenschaftsstadt Darmstadt, Stuttgart 2006.
- Elke SCHÜLLER, Neue, andere Menschen, andere Frauen?, Kommunalpolitikerinnen in Hessen 1945-1956, Ein biographisches Handbuch, Band 1, Frankfurt/Main 1995, S. 17-19.
- Landesgeschichtliches Informationssysstem Hessen, Hessische Biografie: http://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/bio/id/1025
- "Die erste Frau im Magistrat. Stadträtin a.D. Paula Conrad wird heute fünfundsiebzig", in: Darmstädter Echo vom 10.09.1983.
- "Frauenring mit umfangreichen Aufgaben. Jahresversammlung und Wiederwahlen / Dank an den rührigen Vorstand", in: Darmstädter Tagblatt vom 29.04.1965.
- "Keine Scheu vor kritischen Äußerungen. Paula Conrad, ehrenamtliche Beigeordnete (CDU), Hausfrau", in: Darmstädter Echo vom 25.02.1971.
- "Neu im Magistrat: Paula Conrad (CDU), in: Darmstädter Tagblatt vom 24.11.1960.
- "Sorge um Kinder und alte Menschen. Stadträtin Paula Conrad wird morgen sechzig Jahre alt.", in: Darmstädter Echo vom 09.09.1968.
- "Sprachrohr der schweigenden Mehrheit. Ortsverband Darmstadt des Deutschen Frauenrings feierte sein silbernes Jubiläum.", in: Darmstädter Tagblatt, 1972.
- "Stets um einen Ausgleich bemüht. Silberne Verdienstplakette für Stadträtin Paula Conrad.", in: Darmstädter Echo vom 12.09.1973.
- "Um die Stadt verdient gemacht. Stadträtin Paula Conrad feiert am 10. September ihren 60. Geburtstag.", in: Darmstädter Tagblatt vom 09.09.1968.
- "Zwei neue 'Stadtälteste'. Ehrung für die Stadträtinnen Paula Conrad und Else Reinhard.", in: Darmstädter Tagblatt vom 27.04.1972.
- "Verdient um Stadt und Bürger. Stadträtin Paula Conrad wird 65 Jahre alt.", in: Darmstädter Tagblatt vom 08./09.09.1973.
- "Herztöne im Magistrat. Stadträtin Paula Conrad wird 65 Jahre alt.", in: Darmstädter Echo vom 08.09.1973.
[1] Stadtlexikon Darmstadt, S. 131; SCHÜLLER, S. 17-19; vgl. auch die Berichte zum 65. Geburtstag im Darmstädter Echo und Darmstädter Tageblatt in den Ausgaben vom 8./9. September 1973 (Scan der Zeitungsausschnitte).
[2] Union in Deutschland, Informationsdienst der CDU, 15. Jahrgang 1961, Nr. 33, 17. August 1961, S. 6.
[3] SCHÜLLER, S. 18.
[4] Darmstädter Tagblatt vom 24.11.1960, zitiert nach SCHÜLLER, S. 19.
[5] Darmstädter Echo vom 25.02.1971, zitiert nach SCHÜLLER, S. 19.
[6] Darmstädter Echo vom 25.02.1971, zitiert nach SCHÜLLER, S. 19.