Das Haus Nr. 4 in der Kilianstraße ist ein 1970 errichtetes modernes Mehrfamilienhaus in der Altstadt von Korbach. Der Vorgängerbau war ein in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundert errichtetes und 1970 abgerissenes Fachwerkhaus. [1]
Mit der Errichtung des 1970 abgerissenen Fachwerkhauses hat wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts der Rentmeister und Schultheiß der Herrschaft Itter, Jost Seiler, begonnen. Es wird angenommen, daß der Grundbesitz zu Beginn des 17. Jahrhunderts der Familie Nolden gehörte, da die 2. Ehefrau des Jost Seiler wahrscheinlich eine geborene Nolden war. Der Bau des Hauses hat sich mehrere Jahrzehnte hingezogen, da die Eigentümer nicht in Korbach wohnten.
1. Erster bekannter Eigentümer des Grundstücks ist Jost Seiler (* ?; begr. 03.07.1695 in Obermöllrich). Er ist ab 1652 als Rentmeister und Schultheiß der Herrschaft Itter bezeugt. Von 1646 bis 1674 war er zudem Besitzer des Gutes Dorfitter. Er heiratete im Mai 1644 Elisabeth Orth (~ 23.03.1623; begr. 20.11.1660), Tochter des Korbacher Pfennigmeisters Ludwig Orth († 1654 als Rentmeister in Wetter) und der Elisabeth von Dorlar. Eine zweite Ehe ging er mit Maria Juliane Nolden ein, Tochter des Johann Arndt Nolden und dessen zweiter Ehefrau Catharina Acularius, Tochter des Dr. Johann Acularius in Korbach. Maria Juliane Nolden war in zweiter Ehe mit Franz Bilstein verheiratet. Die Angaben über die Ehen Jost Seilers sind jedoch unsicher.
2. Der Schwiegersohn von Nr. 1, der Rentmeister am Eisenberg Johann Georg Schalk (* ?; begr. 25.11.1688), setzte die Bauarbeiten an dem Haus fort. Er heiratete am 13. Juli 1682 auf dem Eisenberg Anna Margarethe Seiler (* 04.10.1657 in Dorfitter; † ?), Tochter von Nr. 1, und war der Schwager von Nr. 3a und 3b.
3a. Um 1698 ging das Eigentum zur einen Hälfte auf Georg Arnold Schaubach über. Er wird 1698 und 1706 als Oberschultheiß der Herrschaft Itter genannt. Er heiratete am 1. nach Trinitatis (erster Sonntag nach Pfingsten) des Jahres 1698 Marie Magdalene Seiler (~ 13.10.1652 in Obernburg, konfirmiert 1664;† ?). Sie war in erster Ehe verheiratet mit Nr. 3b.
3b. Schultheiß und Rentmeister der Herrschaft Itter Henrich Günst (1674 ff./1692). Er besaß 1684 bis 1692 das Gut Dorfitter und war der Vater von Nr. 4.
4. Um 1723 wird Johann Reinhard Günst (* um 1681 in Dorfitter; † 23.09.1754) neuer Eigentümer des Hauses. Er war der Sohn von Nr. 3b und in den Jahren 1731 bis 1740 Rentmeister der Herrschaft Itter sowie von 1740 bis 1754 Hauptmann der Landmiliz der Herrschaft Itter. Am 3. Februar 1717 heiratete er Louise Kleinschmit (~ 08.08.1694; † 09.07.1766), Tochter des Superintendenten Johannes Kleinschmit und der Anna Hedwig Jäger.
5. Im Jahr 1766 erwarb Johann Gottfried Speirmann (* 10.06.1722; † 19.04.1769) das Anwesen. Er war der Sohn des Pfarrers Wilhelm Speirmann und der Anna Maria Tiemann. Speirmann war Stadtsekretär in Arolsen und von 1759 bis 1769 Prorektor der Alten Landesschule. Am 7. Juli 1761 heiratete er Maria Christiane Schmidt (a+ 29.04.1740; † 1805 in Trier), Tochter des Hofapothekers Johann Adolf Schmidt (Gründer der Hirschapotheke, Professor-Kümmell-Straße 2) und der Johanna Dorothea Strubberg aus Berich.
6. Nach dem Tod ihres Mannes wurde Maria Christiane Schmidt (Nr. 5) im Jahr 1769 neue Eigentümerin des Hauses. Sie heiratete am 26. Februar 1773 in zweiter Ehe Carl Franz Friedrich Halberstadt aus Kassel, ehemaliger Sekretär bei einem Grafen von Reuß.
7. 1792 kaufte der Oberstleutnant Carl Friedrich Christian von Nölting (* um 1752 in Ziegenberg; † 29.04.1825 in Harderode/Wolfenbüttel) das Haus. Er war der Sohn des Oberstleutnants Johann Friedrich Wilhelm von Nölting (aus Stechbahn 9) und der Caroline Friederike Sophie von Buttlar-Ziegenberg. Verheiratet war er mit Anna Catharina von Elsen, Tochter eines holländischen Generals von Elsen. Von Nölting machte im Jahr 1809 Konkurs. Später erbte er das Rittergut Harderode.
8. Der Kollaborator und Cantor des Gymnasiums (seit 1799), Johann Christian Freybe (* 13.12.1774 in Nordhausen; † 18.04.1833 in Pyrmont), erwarb im Jahr 1811 das Anwesen. Er war der Sohn des Martin Christian Freybe, Bürgerkorporal und Nagelschmied in Nordhausen, und der Johanne Eleonore Vogt. Freybe heiratete am 13. Oktober 1799 Christiane Friedrike Steinmetz (* 19.03.1773 in Arolsen; † 22.09.1843 in Pyrmont), Tochter des Generalsuperintendenten Johann Franz Christoph Steinmetz in Arolsen und der Henriette Margarethe Elisabeth Waldeck.
9. Im Jahr 1830 wird Caroline Christiane Salome Curtze, geborene Winterberg (* 07.07.1778 in Essen; † 28.02.1854 in Korbach) als neue Eigentümerin verzeichnet. Sie war die Tochter des Kirchenrats und Rektors der Alten Landesschule Dr. theol. Friedrich Samuel Winterberg - der auch zeitweise in Essen und Dortmund Gymnasialdirektor war - und der Caroline Philippine Ebel. Am 18. November 1802 heiratete sie Johann Christian Ludwig Curtze (* 28.04.1775; † 09.10.1825 in Berndorf). Curtze war von 1798 bis 1815 Lehrer am Gymnasium in Korbach und zugleich Diakonus in Korbach und Prediger in Lengefeld. Von 1815 bis 1825 amtierte er als Pfarrer in Berndorf. Man erzählte, daß sein Heimweh nach Korbach so stark war, daß er allmorgentlich von seinem Berndorfer Pfarrhaus auf Korbach zuging, um das Klosterglöckchen läuten zu hören. Er war der Sohn des Bürgermeisters Franz Adolf Curtze (* März 1738; † 22.09.1804) und der Johanette Friederike Schreiber aus Adorf (Heirat am 13.05.1767 in Korbach-Neustadt). Caroline Curtze zog nach dem frühen Tod ihres Mannes, der mit 50 Jahren starb, mit ihren fünf Kindern von Berndorf nach Korbach und kaufte dort das Haus des Pfarrers Freybe (Nr. 8). Sie lebte 24 Jahre in dem Haus und starb dort.
10. 1854 erbte der Lehrer und Pfarrer Dr. phil. Ludwig Friedrich Christian Curtze (14.01.1807; † 01.04.1870) das Haus. Er war der Sohn von Nr. 5 und Zwillingsbruder von Carl Curtze († 5. September 1855 in Sayn). Er besuchte von 1813 bis 1815 sowie 1818 bis 1825 die Alte Landesschule, das Korbacher Gymnasium. Zusätzlich erhielt er Privatunterricht durch seinen Vater. Dieser war ab 1815 als Verwalter des Pfarramtes Berndorf tätig. Ab Ostern 1825 studierte er Theologie in Göttingen und legte im Frühjahr 1827 sein Abschlußexamen ab. Anschließend studierte er Schulwissenschaften und wirkte ab 1828 als Lehrer an der Alten Landesschule in Korbach. In der Zeit von 1832 bis 1842 wurde er zusätzlich Diakon in Korbach und zugleich Pfarrer von Lengefeld und Lelbach. Von 1854 bis zu seiner Pensionierung am 9. Oktober 1861 war er Direktor des Gymnasiums Alte Landesschule Korbach. Am 27. Dezember 1846 heiratete er Emma Buhl (* 17.08.1828 in Berndorf), Tochter des Pfarrers Karl Buhl in Berndorf und der Emilie Stieglitz aus Arolsen. Am benachbarten Mönchehof wurde eine Gedenktafel für verdiente waldeckische Heimatforscher angebracht, die auch den Brüdern Ludwig und Carl Curtze gewidmet ist.
Der dritte der Brüder Curtze war der Silberschmied Friedrich Curtze (* 11.03.1813; † 14.04.1891), der als Göttinger Student dem freiheitlich gesinnten Hainbund nahestand und deshalb 1836 in die USA emigrierte. Dort nannte er sich "Fritz", später "Frederick". Er lebte zunächst zwei Jahre in New York, später in Boston und Philadelphia, wo er ebenfalls als Gold- und Silberschmied arbeitete. Am 2. Mai 1840 ließ er sich in Erie/Pennsylvania nieder, wo er als Deutschlehrer tätig war, Ölkleidung produzierte und 20 Jahre als Friedensrichter amtierte. Die Stadt hatte damals nur 3.400 Einwohner; bei seinem Tod 51 Jahre später, war sie bereits auf 41.000 Einwohner angewachsen. 1844 heiratete er die aus Annweiler stammende Mary Ann Beckmann († 25.10.1864). Zu ihren Kindern gehörte Hermann Jerome Curtze (* 30.11.1847; † 1. Januar 1926), der über 50 Jahre in Erie als Rechtsanwalt praktizierte. Als Jugendlicher war er aus den USA nach Deutschland zurückgekehrt, besuchte die Alte Landesschule in Korbach und studierte in Heidelberg und Leipzig Rechtswissenschaften. Im Januar 1925 feierte er seine 50-jährige Mitgliedschaft in der Anwaltskammer von Erie. Zu der reichen Nachkommenschaft Friedrich Curtzes zählt u.a. sein Urenkel, der amerikanische Admiral Charles A. Curtze (1911-2007). Vgl. auch Stammfolge der Familie Curtze.
11. 1870 Maria Elisabeth Friederike Sabine Curtze.
12. 1930 Oswald, Max und Margarethe Waldschmidt.
13. 1941 Karl Grebe.
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[1] Hermann THOMAS (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 8, Rathausgasse - Im Paß - Im Tempel - Kilianstraße, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1961, S. 104-113. Alle folgenden Daten, soweit nicht anders vermerkt, nach THOMAS. Falls nicht anders angegeben, sind alle genannten Personen in Korbach geboren und gestorben.