Das Haus Nr. 18 in der Kirchstraße ist ein zwischen 1680 und 1694 von dem Pfarrer Johann Georg Böhle errichtetes Fachwerkhaus in der Altstadt von Korbach [1]
1. Erster bekannter Eigentümer war der Bäckermeister Johannes Heinemann (~ 30.10.1603; begr. 05.11.1682 [2] ), Sohn des Johannes Heinemann und der Catharina Fette (Bürgerin 1599). Sein Wappen war an der Empore der Neustädter Kirche angebracht. Heinemann war Bürger seit 1640, Ratsmitglied 1642, Pfennigmeister 1647 und 1649, Bürgermeister in den Jahren 1651, 1653 und 1655 sowie Dechant der Bäckergilde 1661. Er hat den Bau um 1680 begonnen, konnte ihn jedoch nicht mehr vollenden. Im Kataster der Neustadt, Band 1, S. 234, heißt es am Ende der Aufzählung des Grundbesitzes des Johannes Heinemann: "[Schoßgeld] ist erlassen bis auf 2 Tlr. wegen seines hohen Alters und Bauens des Hauses lauth Rathsschein."
2. 1685 erwarb der Pfarrer Johann Georg Böhle (* 22.04.1642 in Sachsenhausen; [3] † 04.08.1707 in Vasbeck) den gesamten Grundbesitz einschließlich des Speicherhauses (Kirchstraße 18a). Böhle hatte seit 1685 die Bürgerrechte inne, war Pfarrer zu Nieder-Waroldern und Dehringhausen von 1675 bis 1687 und zu Vasbeck von 1687 bis 1707; dort zugleich als Senior für die Ämter Landau und Wetterburg. [4] Er war insgesamt 37 Jahre lang Pfarrer. [5]
3. 1708 ging das Eigentum auf den Schwiegersohn von Nr. 2, Dr. med. Johann Georg Huge (~ 04.10.1678; begr. 20.01.1717) über. Er war hochfürstlich münsterischer-paderbornischer Feld-Medicus und Inhaber der Bürgerrechte seit 1708. Sein Eltern waren Johann Daniel Huge (Professor-Kümmell-Str. 9) und dessen Frau Angela Catharina. Am 12. Juli 1701 hatte er die einzige Tochter von Nr. 2 geheiratet, Engella/Angella Catharina Böhle (* um 1683; begr. 12.07.1712). Sie war 5.000 Reichstaler reich und starb bereits mit 29 Jahren. [6]
4. 1726 Josias Friedrich Huge
5. 1755 Henrich Wilhelm Huge
6. 1803 Carl Henrich Wilhelm Huge
7. 1836 Henrich Christian Friedrich Saake
8. 1857 Johann Georg Christian Richter
9. 1863 Wilhelm Ludwig Friedrich Christian Richter
10. 1872 Erben des Wilhelm Richter
11. 1890 Friedrich Rüsseler
12. 1892 Johann Friedrich Wilhelm Bangert
13. 1945 Fritz Bangert
14. 1954 Elise Bangert
15. 1970 Fritz Bangert
16. ca. 1993
17. 1998
Um 2010 befand sich kurzzeitig eine Gaststätte in dem Haus ("Herrenhof"), die jedoch alsbald wieder aufgegeben wurde. Heute findet sich eine Rechtsanwaltskanzlei in dem Gebäude.
Das Haus wurde im Jahr 1939 Jahre wie folgt beschrieben: [7]
"Prächtiges Wohnhaus. Zweigeschossig, Fachwerk auf Werksteinsockel. Obergeschoß vorgekragt. Quergebälkprofil großer Viertelstab mit Perlschnurornament. 9x19 Gefache. Gefachfüllung Kalkstein. Eckpfosten mit gewundenen Säulchen. Satteldach mit Krüppelwalm in Falzziegeln. Giebel verschiefert. Giebelseite zur Straße. Am Quergebälk der Giebelfront Inschrift mit Bibelspruch. Türpfosten mit Voluten und Jahreszahl 1694."
Die Inschrift an der Giebelseite hat folgenden Wortlaut:
"DER DICH BEHÜTET SCHLAEFT NICHT! SIHE DER HÜTER ISRAEL SCHLAEFFT NOCH SCHLUMMERT NICHT! DERR HERR BEHÜTE DICH FÜR ALLEM ÜBEL, ER BEHÜTE DEINE SEELE! DER HERR BEHÜTE DEINEN AUSGANG UND EINGANG VON NUN AN BIS IN EWIGKEIT. PSALM 121"
Im Brandkassenregister von 1784 wird das Haus unter Nr. 253 wie folgt beschrieben:
"Wohnhaus aus Holz (Fachwerk), 57 x 36 Fuß groß, Wert 150 Taler, dazu die Steinkammer, 40 x 26 Fuß, Wert zusammen 225 Taler."
[1] Hermann THOMAS/Karl WILKE/Lothar GERLACH (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 3, Kirchstrasse - Unterstrasse - Nikolaistrasse - Oberstrasse - In der Pforte - Brauberg - Ketzerbach - Ascher - Mauergasse, 2. Auflage, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 2003, S. 65-68. Alle folgenden Daten, soweit nicht anders vermerkt, nach THOMAS/WILKE/GERLACH. Falls nicht anders angegeben, sind alle genannten Personen in Korbach geboren und gestorben.
[2] THOMAS/WILKE/GERLACH (wie Anm. 1), S. 65, geben an, er sei 1682 im Alter von 81 Jahren gestorben. Träfen diese Angabe und das Taufdatum gleichermaßen zu, wäre er erst im Alter von 2 Jahren getauft worden.
[3] Robert WETEKAM, Vasbeck, 2. Teil, in: Geschichtsblätter für Waldeck und Pyrmont, 37. Band (1937), S. 20-130 [105].
[4] WETEKAM (wie Anm. 3).
[5] WETEKAM (wie Anm. 3).
[6] WETEKAM (wie Anm. 3).
[7] Wolfgang MEDDING (Bearb.) in: Friedrich BLEIBAUM (Hrsg.), Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Kassel, Neue Folge, Dritter Band, Kreis des Eisenberges, Kassel 1939, S. 139.