Oberer Herrenhof (Korbach)

Der Obere Herrenhof war eine Residenz der Grafen von Waldeck in der Altstadt von Korbach. Er lag am Wollweberturm. Heute führt die Hagenstraße am Amtsgericht über das Gelände. Die Bezeichnung "Oberer Herrenhof" entstand erst 1564, nachdem die Grafen östlich der Nikolaikirche ein Grundstück für den Kanzleisitz erworben hatten, der fortan "Unterer Herrenhof" genannt wurde.

Geschichte

Der Obere Herrenhof war vom 13. bis Ende des 17. Jahrhunderts Wohn-, Kanzlei- und Regierungsitz der Grafen von Waldeck, Eisenberger Linie. Das Schloß ist wahrscheinlich bereits in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erbaut worden, denn der Stadtgrundriß der um 1265 angelegten Neustadt und die Stadtbefestigung nehmen bereits darauf Rücksicht. Möglicherweise ist der Verkauf des Mönchehofs im Jahr 1298 durch die Grafen von Waldeck an das Kloster Bredelar mit der Fertigstellung des gräflichen Hauses in der Neustadt zu erklären. Erst 1370 wird unter den Burgen des Grafen Heinrich von Waldeck auch eine Residenz in Korbach genannt, mutmaßlich der Obere Herrenhof. Am 16. Oktober 1441 huldigten Bürgermeister und Rat beider Städte dem Grafen Heinrich VII. und dem Junggrafen Otto zu Waldeck auf ihrem Schloß zu Korbach. Und 1463 bestimmte Graf Wolrad I. das Korbacher Schloß der Grafin Johanna, Gemahlin seines verstorbenen ersten Sohnes Philipp zum Witwensitz. Von 1460 bis 1695 wird Korbach wiederholt als gräfliche Residenz genannt. [1] Diese erste gräfliche Residenz fiel im Jahr 1536 einem Stadtbrand zum Opfer, bei dem 40 Häuser an der Nordseite der Stadt zwischen Berndorfer Tor und Wollweberturm vernichtet wurden.

Mit der Wiedererrichtung der Residenz muß zeitnah begonnen worden sein, denn im Jahre 1544 schloß Graf Wolrad II einen Gedingvertrag mit dem Meister Peter von Düren, einem Weißbinder, daß dieser "auf dem neu errichteten Hause im Hof zu Corbach" alle Stuben, Kammern und die Küche weiß verbinden solle. Im folgenden Jahr, am 3. Februar 1545, schloß Graf Wolrad mit der Stadt einen Vertrag über eine Abzweigung eines Wasserrohres von der städtischen Wasserleitung, die das Wasser vom Lindenborn bei Lengefeld zur Stadt führte und die von der Stadt schon 1367 angelegt worden war. Die Abzweigung sollte vom Lengefelder Tor bis zum gräflichen Hof geführten werden.

Erscheinungsbild

Über das erste Schloß ist nichts bekannt. Es wird sich wahrscheinlich um einen mittelalterlichen Bau aus Bruchsteinen gehandelt haben, der mehr Burg- als Schloßcharakter gehabt haben wird. Auch von dem im 16. Jahrhundert errichteten Renaissancebau sind keine Abbildungen überliefert. Aus dem Generalinventar der Grafschaft Waldeck, das im August des Jahres 1600 von dem Oberamtmann Berthold Nolden (vgl. Katthagen 13) und seinem Schreiber Jacob Grieben aufgestellt wurde, geht jedoch hervor, daß die Residenz über 23 Räume verfügte, nämlich fünf Gemächer, vier Stuben, neun Kammern, eine Badestube, ein Schulrau, eine Apotheke und zwei Küchen. Daneben waren drei Gänge, eine Treppe, eine Wendeltreppe und ein Pferdestall für vier Pferde vorhanden, außerdem die Stallstube und die Kelleräume. Auf dem Hof befanden sich ferner ein Backhaus und das Torhaus, das "Sybillenhäuschen" genannt wurde.

Anmerkungen

[1] Diese und alle folgenden Angaben, soweit nicht anders gekennzeichnet, nach: Wolfgang MEDDING (Bearb.), Korbach - Die Geschichte einer deutschen Stadt, Stadt Korbach (Hrsg.), 2. Auflage 1980, S. 136. Vgl. auch Ursula WOLKERS, Warum Korbach nicht waldeckische Residenzstadt wurde, in: Mein Waldeck, Beilage der "Waldeckischen Landeszeitung" für Heimatfreunde, Nr. 15/1988.