Albert Leiß (* 4. Oktober 1852 in Kassel; † 4. Februar 1929 in Korbach) war Lehrer in Korbach und Wiesbaden sowie waldeckischer Geschichtsforscher. [1]
Albert Leiß war der Sohn des Kasseler Finanzrates Karl Leiß (* 01.02.1819 in Hesslingen; † 07.03.1911 in Bockenheim) aus Kleinheßlingen/Kreis Rinteln und der Luise Fricke (* 19.02.1826 in Rinteln; † 26.09.1911 in Bockenheim). Infolge Versetzungen des Vaters besuchte er die Gymnasien in Hanau und Frankfurt/Main. In letzterem legte er das Abitur ab, studierte dann von 1870-1874 in Marburg, Leipzig und Göttingen Germanistik, Geschichte und Altphilologie und war von 1875 bis 1878 als Probekandidat Lehrer in Hanau. Von 1878 bis 1891 war er als Oberlehrer an der Alten Landesschule, der sogenannten Klosterschule (Klosterstraße 11) in Korbach angestellt. 1881 heiratete er Meta Waldeck (* 15.01.1861; † 27.01.1939), die Tochter des Justizrats Julius Waldeck und der Maria Eberwein. Mit ihr hatte er vier Kinder: [2]
Erich Leiß (* 03.09.1882 in Korbach; † 27.12.1922 in Usingen), Amtsrichter in Usingen ⚭ Marianne Dankward
Hedwig Leiß (* 07.11.1883 in Korbach; † 25.12.1973 ebenda)
Walter Leiß (* 29.07.1889 in Wiesbaden; † 19.09.1977), Marineoberbaurat in Hamburg ⚭ 14.09.1926 in Spandau mit Elli Bretzke (* 27.12.1901 in Spandau)
Elsbeth Leiß (* 28.03.1895 in Wiesbaden; † 18.06.1956 in Korbach)
Im Jahr 1890 beauftragte Bürgermeister Edmund Meinecke ihn damit, die städtischen Urkunden, Akten und Handschriften, die ungeordnet und verstaubt in einigen Kisten und in einem Schrank auf dem Dachboden des Rathauses lagerten, zu ordnen und zu verzeichnen. Ein großer Teil älterer Bestände des Stadtarchives war bei dem Stadtbrand von 1664 vernichtet worden. Die restlichen Bestände hatte man damals in einen besonders dafür hergerichteten Raum im Turm der Kilianskirche verbracht. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts schaffte man die Archivalien in das Rathaus zurück, wo sie in zwei Räumen unter dem Dach aufgehoben wurden. Albert Leiß übernahm die ihm angetragene Aufgabe, säuberte und ordnete die alten Urkunden und Akten und fertige in jahrelanger mühevoller Arbeit Verzeichnisse, Urkundenabschriften und Regesten an.
1891 wurde er an das staatliche Realgymnasium in Wiesbaden versetzt, wodurch seine Arbeit am Korbacher Archiv unterbrochen wurde. Leiß nutzte seine Ferien, um die Arbeit fortzusetzen und zu vollenden. Im Laufe der Jahre hat er mehr als 1.500 Urkunden abgeschrieben, übersetzt oder Regesten von ihnen angefertigt. [3] Im Jahr 1917 trat er als stellvertretender Direktor des Gymnasisums Wiesbaden in den Ruhestand. Seit 1925 lebte er wieder in Korbach. Hier wohnte er wahrscheinlich in dem Haus seiner Schwiegereltern, In der Pforte 2. Zeitweise gehörte er der Schriftleitung der "Geschichtsblätter für Waldeck und Pyrmont" an.
Sein starkes Interesse an der waldeckischen Geschichte wurde vielleicht dadurch geweckt, daß seine Ehefrau - und somit seine Kinder - in 10. bzw. 11. Generation von Bischof Franz von Waldeck abstammten und entfernte Verwandte des waldeckischen Fürstenhauses und dessen hochadeliger Vorfahren waren.
Die Universität Marburg verlieh ihm den Titel des Dr. phil. h.c. Entsprechend seiner Amtsbezeichnung Gymnasialprofessor trat er in Publikationen zumeist als "Professor Albert Leiß" auf. Am 29. Juni 1926 erkannte ihm die Stadt Korbach wegen seiner Verdienste um das Stadtarchiv und die Stadtgeschichte die Ehrenbürgerschaft zu. In den 1930er Jahren wurde am Mönchehof in Korbach eine Gedenktafel für ihn und andere Heimatforscher angebracht. Nach ihm ist die Albert-Leiß-Straße im Osten Korbachs benannt. Leiß liegt auf dem alten Totenhagen in Korbach begraben.
Zu den Publikationen von Albert Leiß zählen:
- Mittelalterliche Nachrichten über die Stadt Corbach, in: Corbacher Zeitung, 1892, Nr. 104.
- Die Corbacher Personennamen im Mittelalter, Corbacher Zeitung 1892, Nr. 106.
- Geschichte der Corbacher Kirchen und Stiftungen, Corbacher Zeitung, 1893, Nr. 37-43.
- Bürgermeister und Rat im mittelalterlichen Corbach, Corbacher Zeitung, 1893, 97.
- Die Padberger Fehde, Corbacher Zeitung, 1893, Nr. 100 ff.
- Corbacher Schnadezüge vom Ende des 17. Jahrhunderts, Corbacher Zeitung, 1893, Nr. 108.
- Nachrichten über die Stadt Corbach seit 1500, Corbacher Zeitung, 1896, Nr. 103.
- Weiteres zur Geschichte der Corbacher Kirchen und Stiftungen, Corbacher Zeitung, 1897, Nr. 96-108.
- Blankenrode, in: Corbacher Zeitung, 1898, Nr. 13.
- Zur Geschichte der Stadt Corbach, ihre kirchlichen und weltlichen Gebäude, Corbacher Zeitung, 1898, Nr. 101-108.
- Einweihung der wiederhergestellten Kiliansirche zu Corbach, Corbacher Zeitung, 1899, Nr. 50-53.
- Corbacher Altertümer, Corbacher Zeitung, 1899, Nr. 96.
- Die von Evermaringhausen. Ein Beitrag zur waldeckischen Adelsgeschichte, in: GBlW [4] , Band 2 (1902), S. 1-25.
- Der Corbacher Roland, in: GBlW, Band 2 (1902), S. 111-114.
- Das Archiv der Stadt Korbach, in: GBlW, Band 3 (1903), S. ?.
- Varnhagens Nachlaß zur Corbacher Geschichte, in: GBlW, Band 3 (1903), S. 89 ff.
- Eine waldeckische Bibelhandschrift, Corbacher Zeitung, 1903, Nr. 138.
- Corbach zur Zeit Varnhagens, Corbacher Zeitung, 1904, Nr. 48-55.
- Studierende Waldecker vom 13. bis zum 19. Jahrhundert, in: GBlW, Band 4 (1904), S. ?.
- Die ältesten Karten von Waldeck, in: GBlW, Band 4 (1904), S. ?.
- Studierende Waldecker vom 13. bis zum 19. Jahrhundert (Fortsetzung), in: GBlW, Band 5/6 (1906), S. 159-298.
- Ein akademisches Abschiedsgedicht aus dem 18. Jahrhundert, in: GBlW, Band 5/6 (1906), S. 315-319.
- Corbacher Drucke, in: GBlW 5/6 (1906), S. 315.
- Das Jenaische Stammbuch eines Waldeckers (H. Reichmann 1796-98), in: GBlW, Band 5/6 (1906), S. 320.
- Waldecker Visitationsberichte aus dem 16. Jahrhundert, Corbacher Zeitung, 1906, S. 10ff.
- Studierende Waldecker vom 13. bis zum 19. Jahrhundert (Fortsetzung), in: GBlW, Band 7 (1907), S. 57-129.
- Die denkwürdige Reisebeschreibung des Johann Limberg, Corbacher Zeitung, 1908, Nr. 71f und in: Mein Waldeck, 1928, Nr. 20 und 21.
- Studierende Waldecker vom 13. bis zum 19. Jahrhundert (Schluß), in: GBlW, Band 9 (1909), S. 71-198.
- Corbach in westfälischen Urkundenbüchern, Corbacher Zeitung, 1910, Nr. 74 ff.
- Zur Erklärung des Namens Corbach, Corbacher Zeitung 1910, Nr. 45.
- Das Todesjahr des Grafen Heinrich IV, von Waldeck, in: GBlW, Band 11 (1911), S. 156-158.
- Der angebliche Überfall Adorfs durch Lippold von Canstein im Jahre 1510, in: Waldeckische Landeszeitung, 1911, Nr. 173.
- Zur Geschichte der Corbacher Städtevereinigung im Jahr 1377, Waldeckische Landeszeitung, 1911, Nr. 267.
- Studierende Waldecker vom 13. bis zum 19. Jahrhundert (Erster Nachtrag), in: GBlW, Band 13 (1913), S. 81-112.
- Das Datum des Reginentages, Waldeckische Landeszeitung, 1913, Nr. 212.
- Zur Erinnerung an den 20. Juni 1413, Waldeckische Landeszeitung, 1913, Nr. 144.
- Die Meister des Corbacher Sakramentshäuschens, in: GBlW, Band 13 (1913), S. 81-112.
- Chronik der Stadt Corbach, I. Teil (980-1377), in: GBlW, Band 14 (1914), S. 149-166.
- Die Denkwürdigkeiten des Jonas Trygophorus, in: Paul JÜRGES/Albert LEISS/Wilhelm DERSCH, Waldecker Chroniken, Chroniken von Hessen und Waldeck, Zweiter Band, Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck VII/2, Marburg 1914.
- War Corbach eine Hansestadt? [Es wird 1469 und 1494 unter den Städten des Kölner Drittels aufgeführt],, Waldeckische Landeszeitung, 1918, Nr. 116 f.
[1] Alle folgenden Angaben zur Biographie nach R. EMDE, In piam memoriam, in: Klosterglöckchen - Nachrichten für die Mitglieder des Vereins ehemaliger Corbacher Gymnasiasten, Nr. 2, April 1929, S. 1-2; Hilmar-G. STOECKER, Die Lehrer des Gymnasiums zu Korbach (1579-1900), Geschichtsblätter für Waldeck, Band 65 (1976), S. 5- 102 [42-43]; Wolfgang MEDDING, Korbach, Die Geschichte einer deutschen Stadt, 2. Auflage 1980, S. 334-335, 385-386; vgl. auch: Oswald KOENIG, Prof. Albert Leiß zum 75. Geburtstag, in: Mein Waldeck, 1927, S. 73; Wolfgang MEDDING, Vor 20 Jahren starb Albert Leiß, Waldeckischer Kurier vom 5. Februar 1949.
[2] STOECKER (wie Anm. 1); Hermann THOMAS/Karl WILKE/Lothar GERLACH, Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 3, Kirchstraße - Unterstraße - Nikolaistraße - Oberstraße - In der Pforte - Brauberg - Ketzerbach - Ascher und Mauergasse, 2., überarbeitete und ergänzte Auflage, Stadtarchiv Korbach 2003, S. 134 (In der Pforte 2).
[3] Auf Leiß' Vorarbeit geht die erst rund 100 Jahre später fertiggestellte Urkunden- und Regestensammlung von Bernd KRÖPELIN zurück: Korbacher Urkunden, Band 1 bis 5, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1997-2002.
[4] Geschichtsblätter für Waldeck und Pyrmont, herausgegeben vom Geschichtsverein für Waldeck und Pyrmont.
[5] Beilage der Waldeckischen Landeszeitung für Heimatfreunde.