Das Tränketor war das östliche Stadttor in der Stadtbefestigung von Korbach.
Vom Tränketor sind heute keine Überreste mehr vorhanden. Es lag im Übergangsbereich der Tränkestraße in die Strother Straße. Das innere Tor befand sich etwa im Mündungsbereich der heutigen Grabenstraße in die Tränke-/Strotherstraße. Das äußere Tor lag ungefähr dort, wo heute der Fußweg in die Grünanlage "Allee" beginnt.
Im Jahre 1370 gestattete Graf Heinrich VI. von Waldeck den Korbachern, ihre Stadt weiter nach Bedarf zu befestigen. [1] Die Arbeiten scheinen jedoch nicht sofort begonnen worden zu sein, da bei dem Aufstand der Zünfte von diesen geklagt wird, der Rat habe die Mauern der Stadt verfallen lassen, so daß sie "allenthalben offen stünden". [2] Nach der Vereinigung beider Städte (1377) wurden die Ausbesserungs- und Erneuerungsarbeiten jedoch schnell vorangestrieben und beide Städte mit einem zweiten Mauerring umgeben. Infolgedessen mußten auch die Tore zu Doppeltoren ausgebaut werden. Das einst am äußeren Enser Tor angebrachte Relief des Stadtwappens, der sogenannte Kilianstein mit der Inschrift "Sanctus Kilianus / anno domini mccccxiiii in vigilia ascentionis .....", d.h. den 16. Mai, dem Tage vor Himmelfahrt des Jahres 1414, bezeichnet vielleicht das Jahr der Vollendung. [3]
Das Tränketor wird schon im 15. Jahrhundert mehrfach urkundlich bezeugt, z.B. in Verträgen aus den Jahren 1465 ("drenkedore"), 1475, 1482 und 1498. [4]
Im Jahr 1791 mußten die Torflügel des Tränketores erneuert werden. Dies geschah durch Meister Henrich August Schlömer. Die Bohlen und Säulen für das Tor wurden aus Kassel geholt. Die Erneuerung der Torflügel kostete 23 Taler, 6 Groschen und 6 Pfennige. [5]
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden alle fünf Stadttore als Verkehrshindernisse entfernt, nachdem wiederholt Fuhrwerke in den engen Toren stecken geblieben waren. Das Tränketor wurde 1831 auf Veranlassung des Bürgermeisters Schleicher abgebrochen, die Steine zum Chausseebau verwandt. 1836 folgte das Lengefelder Tor. Ein Turm des Außentores blieb erhalten und wurde später in Kümmells Gartenhaus einbezogen. 1838 wurde das Berndorfer Tor abgebrochen. An Stelle des Außentores wurden 1839 zwei von Ferdinand von Rheins entworfene Torpfeiler aufgestellt. 1843 kam das Dalwigker Tor an die Reihe. Als letztes wurde das Enser Tor abgebrochen.
Das Stadttor wird in der Sage Das Findelkind vom Tränketor erwähnt.
Das historische Erscheinungsbild des Tores ist durch den Kupferstich von Wilhelm Dilich aus dem Jahr 1605 überliefert. Die Außenpforte ist hier durch einen Erdhügel im Bildvordergrund zwar halb verdeckt, offenbar hatte das Tor jedoch ein ähnliches Aussehen wie das Enser Tor und das Dalwigker Tor. Die Innenpforte war im Süden von einem runden, im Norden von einem viereckigen Turm flankiert.
Aus einem 1831 erstellten Kostenvoranschlag des Maurermeisters Richter für den Abbruch des Tores gehen zudem die Maße des Bauwerks hervor: [6]
"Das Tor ist hoch 42 Fuß (ca. 12,5 m), das Mauerwerk ist einerseits 27 1/2 Fuß breit (ca. 8,70 m) und 3 Fuß dick (ca. 95 cm) und andererseits 23 Fuß breit (ca. 7,20 m) und 6 Fuß dick (ca. 1,90 m), dessen Abbruch kostet, weil er wegen Festigkeit des Mauerwerks sehr beschwerlich und aufhaltend seyn wird, 50 Reichstaler. Wenn der Abbruch geschieht, muß die Mauer nach Schlömers Hagen unterfangen werden, 3 Fuß hoch, 20 Fuß lang, auch muß die Eckmauer nach dem Porthaus zu neu aufgeführt werden, 18 R.Thaler, beym Abbruch muß die Mauer nach dem Dalwigker Thor zu 25 Fuß lang abgebrochen und eine so lange 12 Fuß hohe Mauer errichtet werden 30 Thaler, für die beiden Pfeiler, welche im Thore, behufs Anbringung der Thür von 12 Fuß Höhe gemauert werden muß 6 Thaler. Beym Abbruch werden gewonnen: Balken, Säulen, Sparren und 600 Dachziegel."
Diesen Angaben läßt sich jedoch nicht entnehmen, ob sie sich auf das Außentor oder das Innentor beziehen und welches der beiden Tore zu jener Zeit überhaupt noch vorhanden war. Es steht zu vermuten, daß das Außentor gemeint war, da über das Innentor nebst den flankierenden beiden Wehrtürmen keine urkundlichen oder archäologischen Nachweise bekannt sind, die weitaus mächtigere Tor-/Turm-Anlage des Innentores mithin im 19. Jahrhundert schon nicht mehr vorhanden war.
Um 1800: Johann Christoph Kleimhagen
Um 1820: Franz Kleimenhagen (Am Butterturm 2)
[1] Bernd KRÖPELIN (Bearb.), Korbacher Urkunden - Regesten, Band 1, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1997, S. 30, Nr. 77.
[2] Wolfgang MEDDING (Bearb.), Korbach - Die Geschichte einer deutschen Stadt, Stadt Korbach (Hrsg.), 2. Auflage 1980, S. 96.
[3] Albert LEISS, Chronik der Stadt Korbach, II. Teil (1377-1434), in: Geschichtsblätter für Waldeck und Pyrmont, 18. Band (1920), S. 55-84 [62], meint hingegen, der Stein belege das Datum 7. Juli 1414.
[4] Bernd KRÖPELIN (Bearb.), Korbacher Urkunden - Regesten, Band 1, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1997, S. 81 (Nr. 237), S. 85 (Nr. 250), S. 88 (Nr. 260) und S. 97 (Nr. 285).
[5] Christian PAUL, Türme und Tore von Corbach, Nach den Akten des Stadtarchivs, in: Klosterglöckchen, Nachrichten für die Mietglieder des Vereins ehemaliger Corbacher Gymnasiasten, 5. Jahrgang (1932), Nr. 1, S. 3-5.
[6] Zitiert nach PAUL (wie Anm. 5).