Stechbahn 17 (Korbach)

Das Haus Stechbahn 17 um 1933. Von 1932 bis 1934 befand sich in dem Haus die Geschäftsstelle der NSDAP.
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Das Haus Nr. 17 auf der Stechbahn war ein Fachwerkhaus unbekannten Baujahres in der Altstadt von Korbach, das im Oktober 1963 abgerissen worden ist. [1] Der Vorgängerbau, ein im 13. Jahrhundert errichtetes Steinhaus, ist wahrscheinlich beim Stadtbrand von 1664 zerstört worden. Heute ist das Grundstück in das Wolfgang-Bonhage-Museum einbezogen.

Geschichte

Bis in das 11. Jahrhundert gehörte das Gelände zum Kirchhof des romanischen Vorgängerbaus der Kilianskirche und diente als Friedhof; bei den 1989 bis 1994 durchgeführten archäologischen Untersuchungen des heutigen Museumsgeländes konnten mehrere Skelette und Skelettfragmente festgestellt und ingesamt mehr als 30 Bestattungen nachgewiesen werden. [2] In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstand, möglicherweise hervorgerufen durch einen frühen "Bauboom", ein zur Baumaterialgewinnung betriebener Dolomitstein-Steinbruch. [3] Nach einer Betriebszeit bis Mitte des 12. Jahrhunderts kam es zu einer Verfüllung des Steinbruchs, hauptsächlich mit bei der Werksteinbearbeitung anfallendem Abschlagsschutt. [4] Für den Zeitraum um 1200 und wenig später zeichnete sich eine erste Teilbebauung des Steinbruchgeländes mit Holzhäusern ab. [5] In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde an dieser Stelle ein Steinhaus errichtet; die mächtigen, 1 bis 1,1 Meter breiten und bis in eine Höhe von 0,8 bis 1,8 Metern erhaltenen Kellermauern, die stellenweise noch den Gewölbeansatz erkennen ließen, konnten ergraben werden. [6] Älter als die Häuser Kirchplatz 2 und Enser Straße 7 (Spukhaus) handelte es sich um das älteste bekannte Steinhaus in Korbach.

1. Erste namentlich bekannte Eigentümerin war Elisabeth Nagel (* um 1650; begr. 01.06.1696, 46 Jahre). Sie war die Frau des Steffan Nagel und Witwe des Caspar Schotte. [7]

2. 1694 wird der Schreiner Christian Erich (* ? in Wetzlar; † nach 1709) als Eigentümer genannt. Seine Frau war Anna Elisabeth Riese (* um 1653; begr. 03.06.1723, 70 Jahre), Tochter des Henricus Riese sen. und dessen Frau Elisabeth, Geburtsname unbekannt.

3. Im Jahr 1743 erwarb der Bäckermeister Friedrich (Fritz) Postelmann (~ 22.11.1695; begr. 18.01.1747) das Haus. Er war der Sohn des Christian Postelmann und dessen Frau Maria Magdalena, Geburtsname unbekannt. Um 1720 vermählte er sich mit Anna Engel Blume (* um 1688; begr. 10.11.1737, 49 Jahre). Eine zweite Ehe ging er 1738 mit Christina Elisabeth Prützel (* um 1710; † 24.11.1784, 74 Jahre) ein. Sie heiratete am 16. Februar 1748 in zweiter Ehe den Bäckermeister Franz Günther Range.

4. 1746 kaufte der Schuhmachermeister Franz Christian Franke (~ 24.06.1716; † 21.10.1772) das Gebäude. Er war der Sohn des Henricus Franke aus Wildungen (Bürger in Korbach 1717, später Schulmeister in Hüddingen) und dessen Frau Dorothea Elisabeth, Geburtsname unbekannt. Franke erwarb 1742 die Bürgerrechte und heiratete am 11. Mai desselben Jahres Anna Elisabeth Börner (~ 07.06.1700; begr. 24.02.1743), Tochter des Sattlermeisters Ludwig Börner und der Gertrud Bick. Sie war in erster Ehe verheiratet mit Henrich Wolrad Engelhard. Eine zweite Ehe ging Franke am 3. Januar 1744 mit Johanna Elisabeth Allerds (* um 1728; begr. 04.08.1751, 23 Jahre und 5 Monate) ein, Tochter des Sergeanten Gottfried Allerds und der Maria Catharina Bode. Nur knapp drei Monate nach dem Tod seiner zweiten Frau vermählte er sich am 27. Oktober 1751 mit Catharina Wilhemine Crahn (~ 10.12.1719; † ?), Tochter des Friedrich Crahn und der Maria Magdalena Küthe.

5. 1780 wurde das Eigentum auf den Schuhmacher Johann Georg Friedrich Franke (~ 09.02.1746; † 08.02.1784) überschrieben. Er war der Sohn von Nr. 4 aus zweiter Ehe. 1780 erwarb er die Bürgerrechte und heiratete am 19. November 1783 Elisabeth Scheunstuhl/Scheyenstuhl (* 1763; † 07.03.1806; 43 Jahre), Tochter des Küfers Valentin Scheunstuhl und der Anna Catharina Dulfigge, Witwe des Johannes Rhode.

6. Nach dem Tod seiner Mutter erbte der Schuhmacher Christian Philipp Franke (* 23.09.1784; † 31.03.1842), Sohn von Nr. 5, das Haus. Seine Frau war Anna Catharina Sieke (* 02.09.1779 in Gemünden/Wohra; † 03.03.1833). [8]

7. Im Wege der Erbfolge ging das Haus 1843 auf den Schuhmacher und Steuerexecutor Georg Friedrich Wilhelm Franke (* 26.02.1810; † 08.02.1878) über, Sohn von Nr. 6. Er veräußerte das Gebäude jedoch schon 1846 wieder und erwarb das gegenüberliegende Haus Stechbahn 34. Franke erwarb 1835 die Bürgerrechte und heiratete am 27. Mai 1838 Marie Christiane Margarethe Kahlhöfer (* 22.05.1803; † 13.01.1872), Tochter des Tagelöhners Friedrich Kahlhöfer und der Sophie Louise Becker aus Rhena.

8. 1846 kaufte der Schullehrer der Altstadt, Carl Christian Friedrich Krummel (* 11.02.1800; † ? wahrscheinlich USA/Kanada), das Anwesen. Er war der einzige Sohn des Schullehrers der Altstadt Anton Philipp Krummel und der Maria Christiane Fritsch. Am 21. Januar 1830 heiratete er Susanne Wilhelmine Friederike Limperg (* 09.04.1808; † ? wahrscheinlich USA/Kanada), einzige Tochter des Bäckermeisters August Limperg und der Agnetha Goette. Krummel ist mit seiner Familie nach Nordamerika ausgewandert. Aus den Schulakten des Stadtarchivs ging hervor, daß er das Haus Stechbahn 17 in der Absicht gekauft hatte, einen Bauplatz für eine neue Schule zu erwerben. Er stand auch in Verhandlungen mit Justus Schreiber, dem das Nachbarhaus Stechbahn 19 gehörte. Zusammen mit dem alten Schulgebäude Kirchplatz 4 und dem daneben liegenden Gebäude Kirchplatz 6 sollte der gesamte Komplex für ein neues Schulgebäude freigemacht werden. Die Verhandlungen endeten jedoch ergebnislos. Die Stadt erwarb für die Schule das Haus Schulstraße 3.

9. Zu einem unbekannten Zeitpunkt - vermutlich in den 1850er Jahren - wurde der Schreinermeister Carl Friedrich Hofmeister aus Adorf neuer Eigentümer. Seine Frau war Friederike Louise Christiane Runte (* 28.01.1823 in Adorf; † 26.06.1865).

10. Im Jahr 1866 erwarb der Landbriefträger Friedrich Heinrich Ludwig Grebe (* ?; † nach 1902) das Haus. Er war verheiratet mit Friederike Wilhelmine Eigenbrod (* 16.11.1822; † 13.02.1902), Tochter des Schuhmachermeisters Johann Henrich Christian Wolrad Eigenbrod und der Friederike Louise Hopff.

11. Schon zwei Jahre später, 1868, wechselte der Eigentümer erneut. Der Hut- und Kappenmacher Carl Christian Heinrich Ockel (* 14.04.1837; † 23.12.1926) kaufte das Gebäude. Er war der Sohn des Hutmachers Johann Christian Friedrich Wilhelm Ockel (Kirchstraße 2) und der Johanna (oder Johanette) Wilhelmine Christiane Graf. 1868 erwarb der die Bürgerrechte und heiratete am 16. Februar desselben Jahres Johanna Sophie Christiane Auguste Helmetag (* 04.02.1845 in Arolsen; † 27.05.1928), Tochter des Amtspedell Adam Helmetag. 1877 erwarb Ockel auch das Nachbarhaus Kirchplatz 4.

12. Im Wege der Erbfolge ging das Haus 1926 auf den Kürschnermeister Friedrich August Ockel (* 10.11.1900 in Paris; † ?) über, Sohn von Nr. 11. Er heiratete am 8. Januar 1944 in Neerdar Emmi Becker (* 04.06.1922 in Welleringhausen; † 24.05.1954), Tochter des Friedrich Becker und der Lina Peter (Ohlenbeck bei Welleringhausen). Am 15. Juni 1915 ging er eine zweie Ehe mit Martha Schumann, verwitwete Böhle (* 13.04.1912 in Eimelrod; † ?) ein, Tochter des Landwirts Heinrich Schumann und der Luise Hegel, beide aus Eimelrod. Falls es zutrifft, daß Friedrich Ockel der Sohn von Nr. 3 war, wäre sein Vater bei seiner Geburt 63 Jahre alt, seine Mutter 55 Jahre alt gewesen. Die gleichen Angaben finden sich zwar bei THOMAS zum Haus Kirchplatz 4. Möglicherweise ist jedoch eine weitere Generation dazwischen zu setzen.

13. Im Jahr 1931 erwarb der Postschaffner Wilhelm Büchsenschütz (* 01.05.1891; † 11.05.1945 in Freising) das Haus. Er war der Sohn des Adam Büchsenschütz in Harbshausen und der Wilhelmine Stiehl aus Herzhausen. Seine erste Ehefrau war Luise Parr (* 22.02.1891 in Kirchlotheim; † 15.04.1924 [Krankenhaus]), die er in Kirchlotheim geheiratet hatte. Am 19. Mai 1925 vermählte er sich in Frankenberg/Eder mit Elisabeth Kroll (* 27.11.1897 in Ellershausen; † ?), Tochter des Daniel Kroll und der Elisabeth Müller, beide aus Ellershausen. Sie wohnte später bei ihrem Schwiegersohn in Stolberg, Rathausstraße 93. Von Sommer 1932 bis 1934 befand sich in den Ladenräumen im Erdgeschoß, die zuvor das Hutgeschäft Ockel beherbergt hatten, die Geschäftsstelle der Korbacher NSDAP. Das Gebäude wurde in dieser Zeit "Waldecker Sturmhaus" oder "Stürmerhause" genannt. Von Februar 1932 bis Sommer 1932 war die Geschäftsstelle im Haus Stechbahn 4 untergebracht, 1934 wurde sie in das Haus Bunsenstraße 1 und im Sommer 1937 in das Verwaltungsgebäude der Continental AG (Continentalstraße 1-3) verlegt.

14. Eventuelle weitere Eigentümerwechsel sind hier nicht bekannt. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des "Häuserbuchs" von THOMAS (wie Anm. 7) im Jahr 1959 befand sich das Haus offenbar noch im Besitz der Familie Büchsenschütz. Das Haus wurde im Oktober 1963 aus vekehrstechnischen Gründen abgerissen, war also zuvor vermutlich von der Stadt Korbach erworben worden. Das Grundstück war dann für mehrere Jahrzehnte ein Gartenplatz, der mit einer Bruchsteinmauer und einem darauf stehenden Holzzaun von der Straße getrennt war. In den Jahren 1989 bis 1994 erfolgte in Vorbereitung des geplanten Erweiterungsbaus des Museums eine archäologische Untersuchung des Grundstücks (s.o.). Im Frühjahr 1995 begann der Bau des neuen Heimatmuseums, heute Wolfgang-Bonhage-Museum, der im Juni 1997 vollendet wurde. Heute befindet sich auf der Hausstätte ein Betonelement des Museums.

Bilder

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Anmerkungen

[1] Wilhelm HELLWIG (Bearb.), Chronik der Stadt Korbach, Band 1 (1960-1969), Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1980. Die Abbrucharbeiten begannen am 19. Oktober 1963. Vgl. auch Marion LILIENTHAL, Webseite Gedenkportal Korbach, "Waldecker Sturmhaus", die den Abriß jedoch irrig auf Ende der 1980er Jahre datiert und in Zusammenhang mit dem Neubau des Heimatmuseums setzt (Stand: 5. Mai 2017). Für den Neubau des Museums wurde jedoch der Westflügel des benachbarten Hauses Stechbahn 19 sowie das Haus Stechbahn 15 abgerissen. Die Fachwerkfassade des letztgenannten Hauses wurde später rekonstruiert.
[2] Vgl. Brigitte PFLUG, Zur Korbacher Stadtarchäologie - Nutzungswandel der 'Museumsinsel' im Verlauf von mehr als 800 Jahren, in: Waldeckischer Landeskalender 1999, 272. Jahrgang, Korbach/Bad Wildungen 1999, S. 114-118 [118].
[3] PFLUG (wie Anm. 1), S. 117.
[4] PFLUG (wie Anm. 1), S. 117.
[5] PFLUG (wie Anm. 1), S. 117.
[6] PFLUG (wie Anm. 1), S. 115.
[7] Hermann THOMAS (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 5, Stechebahn - Violinenstraße - Heumarkt - Am Steinhaus, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1959, S. 85-87. Alle folgenden Angaben, soweit nicht anders angegeben, nach THOMAS.
[8] Die Angabe bei THOMAS (wie Anm. 7), Christian Franke habe 1780 die Bürgerrechte erworben, ist unrichtig, da er erst 1784 geboren wurde. Die Angabe bezieht sich auf seinen Vater. Der Erwerb der Bürgerrechte fiel oftmals mit dem Jahr der Hochzeit - hier ebenfalls unbekannt - oder mit dem Jahr des Grundstückserwerbs zusammen.