Stechbahn 8 (Korbach)

Das Haus Stechbahn 8 im März 2017.
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Das Haus Nr. 8 auf der Stechbahn ist ein 1818 von Ludwig Bernhard Rauch errichtetes Fachwerkhaus in der Altstadt von Korbach [1] Das Fachwerk an der Giebelseite wurde in den 1980er Jahren als Fassadenverblendung rekonstruiert, nachdem das Haus zwischenzeitlich in Massivbauweise mit Ziegelsteinen ausgeführt war. In dem Haus bzw. seinem Vorgängerbau ist mehr als 250 Jahre lang eine Bäckerei betrieben worden. Seit mindestens 150 Jahren befindet sich zudem eine Gaststätte in dem Haus.

Geschichte

1. Als erster Eigentümer nach dem Dreißigjährigen Krieg und dem großen Stadtbrand von 1664 ist zum Jahr 1695 der Bäckermeister Christian Schönhardt festgestellt. [2] Ob das Grundstück davor bereits bebaut war, ist nicht bekannt. Schönhardt (~ 22.01.1671; † 1754) war der Sohn des Schmiedemeisters und Ratsrentmeisters Engelbrecht Schönhardt (Stechbahn 32) und der Anna Catharina (Nachname unbekannt). Verheiratet war er mit einer Anna Sophie (* um 1669; begr. 15.06.1749, 80 Jahre). Seine Bäckerlehre hat er bei Henrich Hartwig absolviert. Im Jahr 1695 erlangte er die Bürgerrechte, wurde 1699 Bäckermeister und war in den Jahren 1707, 1708, 1713, 1723 und 1733 Dechant. Zudem ist er als Ratsdiener bezeugt. Schönhardt wird wahrscheinlich den Vorgängerbau des heutigen Hauses errichtet haben.

2. Im Jahr 1748 erwarb der vorgenannte Johann Christian Saurland (~ 16.03.1725; † 03.09.1801, 79 Jahre) das Haus. Er war der Sohn des Johann Henrich Saurland und der Susanne Wolradine Schönhardt (möglicherweise Tochter von Nr. 1). Am 15. Oktober 1748 heiratete er Johanna Catharina Emmerich (~ 17.01.1723; † 06.12.1785, 63 Jahre), Tochter des Weißgerbermeisters Justus Emmerich und der Anna Sophie Dulfigge. Saurland erlangte 1748 das Bürgerrecht und wurde im gleichen Jahr Bäckermeister. In den Jahren 1754, 1766, 1781, 1796 und 1798 ist der als Dechant verzeichnet.

3. 1777 übertrug Saurland das Haus auf seinen Bruder, Bäckermeister Henricus Lenhard Saurland (~ 11.12.1733; † 20.01.1796, 63 Jahre). Er erlangte 1758 die Bürgerrechte, im Jahr 1762 ist er als Dechant vermerkt. Seit dem 13. Mai 1760 war er verheiratet mit Maria Friederike Christiane Leusmann (* 15.11.1740; † 30.10.1825, 85 Jahre), Tochter des Chirurgen Michael Leusmann und der Anna Maria Sophia Geist.

4. Im Jahr 1797 übernahm Bäckermeister Ludwig Bernhard Anton Rauch (* 23.03.1776; † 04.03.1840) das Anwesen. Er war der Sohn des Bäckermeisters und Ratspedellen Josias Henrich Justus Rauch und der Justina Friederica Christiane Schotte. Rauch erwarb 1796 die Bürgerrechte, war in den Jahren 1797, 1799, 1812, 1817, 1827, 1830 und 1832 Dechant sowie in den Jahren 1814 und 1820 Schützenkönig. Er ließ das alte Fachwerkhaus 1818 abtragen und das heutige Haus errichten. Von 1818 bis 1826 war es steuerfrei.

Die Eingangstür des Hauses Stechbahn 8 im August 2014. Bis 1970 gehörte der Türrahmen zum Haus Rathausgasse 16. Anklicken für größere Version.

5. Bäckermeister Georg Carl Friedrich Rauch (* 04.07.1802; † 15.12.1862), Sohn von Nr. 4., wurde 1840, nach dem Tod seines Vaters, im Wege der Erbfolge neuer Eigentümer. Er hatte seit 1825 die Bürgerrechte inne und ist in den Jahren 1839, 1840, 1843, 1844 und 1847 als Dechant verzeichnet. In erster Ehe heiratete er am 10. März 1822, im Alter von 19 Jahren, die sieben Jahre ältere Wihelmine Louise Elisabeth Bartels (* 21.08.1795; † 29.10.1838), Tochter des Philipp Christian Conrad Bartels in Alverdissen, Fürstentum Lippe Detmold. Das Paar hatte wenigstens zwei Kinder, nämlich den unter Nr. 6 genannten Sohn und Helene Friederike Louise Wilhelmine Rauch (* 08.03.1830; † 28.09.1850), die in das Nachbarhaus Stechbahn 6 einheiratete. Nach dem Tod seiner Frau ehelichte Rauch am 9. Juni 1839 deren Schwester, Catharina Sophie Marie Bartels (* 02.07.1802; 18.08.1855), die er ebenfalls überlebte.

6. Bereits 1847 übertrug Carl Rauch das Eigentum an dem Grundstück auf seinen ältestens Sohn, den Bäckermeister Karl Louis Christian Eberhard Rauch (* 24.07.1824; † ?). Er heiratete am 10. Oktober 1847 Johanette Friederike Christiane Schmale (* 06.10.1827; † ?), Tochter des Bäckermeisters Henrich Ernst Christoph Schmale und der Johannette Christiane Friederike Küthe.

7. Im Jahre 1867 wurde der Halbbruder des Vorbesitzers, ein Sohn Carl Rauchs aus dessen zweiter Ehe, der Bäckermeister Carl Christian Friedrich Wilhelm Rauch (* 05.06.1843; † 25.04.1882), neuer Eigentümer des Hauses. Er war seit dem 20. Januar 1867 verheiratet mit Johannette Caroline Auguste Richter (* 23.07.1845; † 10.03.1832), Tochter des Tuchmachermeisters Johann Friedrich Wilhelm Richter und der Marie Wilhelmine Christiane Küthe. Schon die Familie Rauch betrieb neben der Bäckerei eine Gaststätte in dem Haus.

8. Rauchs Erben [3] veräußerten das Grundstück im Jahr 1902 an Wilhelm Herzog (nähere Angaben siehe dort).

9. Herzogs Tochter Erna Zabel (* 10.02.1912; † 198?), verwitwete Viering, wurde 1955 neue Eigentümerin. Sie war seit dem 16. August 1947 in zweiter Ehe mit Paul Zabel verheiratet. Nach einem Umbau des Gebäudes im Jahr 1955 (s.u.) wurde der Bäckereibetrieb 1956 nach rund 260 Jahren eingestellt.

10. Im Jahr 1970 übernahm deren Sohn Ulrich Zabel (* 1948) Haus und Betrieb. Die Zahl der verfügbaren Hotelbetten wurde im Laufe der Jahre von 16 auf 66 erhöht. Seit 1987 gehört nach einer umfassenden Sanierung auch das Haus Im Sack 16 als Appartementhaus zum Hotel. Der Betrieb wurde zunächst unter der Firma "Gasthaus zum Rathaus" geführt, später in "Gasthaus am Rathaus" umbenannt. Seit dem Jahr 2000 ist das Unternehmen auf das Thema Gold ausgerichtet und führt seitdem die Bezeichnung "Hotel Goldflair", das angeschlossene Restaurant den Namen "Goldstuben". Das schmiedeeiserne Schild über dem Eingang an der Stechbahnseite trägt jedoch noch die Aufschrift "Am Rathaus", früher "Zum Rathaus".

Äußeres Erscheinungsbild

Im Güterverzeichnis von 1757 wird der Vorgängerbau auf S. 403 wie folgt beschrieben:

"Saurland, Johann Christian, Wohnhaus auf der Stechebahn zwischen Friedrich Kappel (Nr. 6) und Chirugus Otto (Nr. 10). Gärtchen dabei."

Im Brandkassenregister von 1784 ist der Vorgängerbau unter der Nr. 161 aufgeführt:

"Wohnhaus aus Holz (Fachwerk), 36 x 18 Fuß, Wert 50 Taler"

Wie sich aus den Maßen und dem bescheidenen Brandkassenwert ergibt, war das abgerissene frühere Gebäude wesentlich kleiner als der heutige Bau (ca. 17 x 9 m; ohne den 1956 angefügten Anbau), insbesondere an der zur Stechbahn gerichteten Giebelseite deutlich schmaler.

Das 1808 erbaute Haus wurde in Fachwerkbauweise auf einem Werksteinsockel errichtet. Es hat eine Grundfläche von ca. 9 x 17 Meter. Anfang des 20. Jahrhundert wurde rechts neben der Eingangstür ein zwischenzeitlich wieder entferntes Schau-/Panoramafenster eingebaut, hinter dem sich der Verkaufsraum der Bäckerei befand. In der von der Stechbahn aus gesehen linken Haushälfte wurde die Gastwirtschaft betrieben. Im Jahr 1955 wurde das Haus umgebaut, erweitert und modernisiert, der Bäckereibetrieb eingestellt und die Gastwirtschaft auf das gesamte Erdgeschoß ausgedehnt. Bei dem Umbau wurde das versetzt hinter den Häusern Nr. 6 und 8 liegende Wirtschaftsgebäude, das mit der Giebelseite in Richtung Violinenstraße steht, erweitert und die Giebelfront bis zur Violinenstraße nach vorne gezogen, gleichzeitig das Haus Nr. 8 im hinteren Bereich leicht verkürzt und die beiden Gebäude miteinander verbunden. Sie stellen heute einen gemeinsamen Baukörper dar. Der nach vorne gezogene neue Teil des Wirtschaftsgebäude ist ein moderner Ziegelsteinbau. Lediglich das vorkragende Dachgeschoß wurde historisierend aus Fachwerk konstruiert.

Die zum leicht erhöht liegenden Eingang führende Außentreppe an der Stechbahn wurde - wie fast bei fast allen Gebäuden in der Altstadt - nach Innen verlegt und die Eingangstür auf Straßenniveau abgesenkt. Eine links des Eingangs befindliche hölzerne Ladetür zum Keller wurde ebenfalls entfernt, die Öffnung im Sockel zugemauert.

1971 wurde zwischen den an der Violinenstraße liegenden Scheunen und dem 1955 errichteten Baukörper ein weiteres Zwischengebäude als Eingangsbereich zum Hotel errichtet. Die nördliche Scheune wurde umgebaut und einige Gästezimmer eingerichtet. In den Jahren 1976/77 erfolgte ein weiterer grundlegender Umbau. Die hinter dem Haus stehenden Scheunen, die entlang der Violinenstraße bis zur Kreuzung Heumarkt/Im Sack lagen, wurden vollständig abgerissen und durch einen modernen Hotelbau mit Parkplätzen ersetzt. Der heutige Haupteingang an der Violinenstraße zeigt am Querbalken das Fertigstellungsjahr 1977. In den 1980er Jahren wurde das Fachwerk an der stechbahnseitigen Fassade rekonstruiert, nachdem das Haus durch die Umbauten der 1950er Jahre vollständig in Massivbauweise mit Ziegelsteinen ausgeführt war. Bei der Rekonstruktion wurden Anzahl und Position der Fenster sowie die ursprüngliche Anordnung der Fächer zum Teil geändert. Bei dem Fachwerk handelt es sich jedoch nur um eine Fassadenverblendung und nicht um eine tragende Konstruktion. Der schön verzierte Türrahmen war ursprünglich Teil des 1970 abgerissenen Hauses Rathausgasse 16. Die Inschrift auf dem Türbalken ("Gott schenke allen die uns kennen noch viel mehr als sie uns gönnen") war erst 1938 im Rahmen eines Umbaus des Hauses Rathausgasse 16 angebracht worden. [4] Nach Plänen des Stadtbaumeisters Wilhelm Schleicher waren die Treppe und die Tür zurückgesetzt und der Türsturz beiderseits durch geschnitzte Dreiecksstützen ergänzt worden, deren Ornamente das Muster der historischen Türpfeiler nachempfanden. [5] Anläßlich des Abbruchs des Hauses Rathausgasse 16 im Jahr 1970 erwarb der Eigentümer des Gasthaus zum Rathaus, Ulrich Zabel, den Türrahmen und fügte ihn in das Haus Stechbahn 8 ein. [6] Die Dreiecksstützen wurden etwa zwei Meter über der Tür, in die Gefache des ersten Stocks, eingearbeitet. [7] Im Oktober 2017 wurden die Fassaden aller Baukörper des Anwesens neu gestrichen.

Bilder

Anmerkungen

[1] Hermann THOMAS (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 5, Stechebahn - Violinenstraße - Heumarkt - Am Steinhaus, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1959, S. 14-16.
[2] Alle folgenden Daten, soweit nicht anders vermerkt, nach THOMAS (wie Anm. 1). Falls nicht anders angegeben, sind alle genannten Personen in Korbach geboren und gestorben.
[3] In einem Urteil der Königlichen Generalkommission zu Cassel vom 12. August 1887 sind unter den Beklagten als Erben des Wilhelm Rauch genannt: Auguste Rauch, Maria Rauch und Emma Rauch, vertreten durch ihre Vormünder, zu diesem Zeitpunkt also offenbar noch unmündig. Vgl. Bernd KRÖPELIN (Bearb.), Korbacher Urkunden - Regesten, Band 3, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1999, S. 114, Nr. 1386.
[4] Hermann THOMAS (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 8, Rathausgasse - Im Paß - Im Tempel - Kilianstraße, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1961, S. 24; Hermann THOMAS (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 10, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1964, S. 90.
[5] Wilhelm HELLWIG, Schöne Hauseingänge in Alt-Korbach, in: Mein Waldeck, Beilage der 'Waldeckischen Landeszeitung' für Heimatfreunde, Nr. 10/1998.
[6] HELLWIG (wie Anm. 5).
[7] HELLWIG (wie Anm. 5) geht irrtümlich davon aus, die Dreiecksstützen seien nicht wiederverwendet worden.