Lengefelder Straße 2 (Korbach)

Das Haus Lengefelder Str. 2 im März 2015.
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Das Haus Nr. 2 in der Lengefelder Straße ist ein nach dem Stadtbrand von 1664 von Georg Friedberg errichtetes Fachwerkhaus in der Altstadt von Korbach. [1] Im Kataster der Neustadt wird es als das Wohnhaus "beim Stein", d.h., beim Neustädter Stein, bezeichnet. Seit mehr als 160 Jahren findet sich in dem Haus das von Albert Brack gegründete Geschäft.

Geschichte

1. Der Bauherr Georg Friedberg stammte aus Lüneburg und war seit 1658 Bürger der Stadt. Er war verheiratet mit Anna Margarete (Nachname unbekannt), begraben am 10. März 1689 im Alter von 63 Jahren. Georg Friedberg war Ratsmitglied 1674 und 1676, Kapitän der Stadt und zeitweise Weinwirt

2. Durch Heirat mit Friedbergs Tochter Gertrud (* 1660; begr. 11.08.1711) wurde Johann Conrad II. Schumacher (* um 1653; begr. 28.09.1733), Sohn des Pfarrers Steffan Schumacher in Usseln und Enkel des Curt Schumacher, neuer Eigentümer des Hauses. [2] Er hatte seit 1681 die Bürgerrechte inne, war Ratsmitglied in den Jahren 1686 und 1692 und Pfennigmeister 1700, 1705 und 1717. Eine andere Tochter Georg Friedbergs, Catharina, war mit Schumachers Onkel Johannes I. Schumacher verheiratet (Stechbahn 16). Aus der Ehe des Johann Conrad II. Schumacher mit Gertrud Friedberg gingen zehn Kinder hervor, von denen acht jedoch bereits im Kleinkindalter starben. Nur die Töchter Anna Maria Schumacher (1687-1715) und Charlotte Maria Schumacher (1704-1776) erreichten das Erwachsenenalter. Anna Maria heiratete Christian Friedrich Trauvetter (Nr. 3), Charlotte Maria Rabe Friedrich Pohlmann (Rathausgasse 2).

3. Im Jahr 1733 erwarb Christian Friedrich Trauvetter (* um 1674; begr. 12.12.1742), Hessischer Lieutenant unter der Landmiliz, durch Heirat mit Schumachers Tochter Anna Maria (~ 02.02.1687) das Haus.

4. Das Haus blieb in Familienbesitz, indem es 1742 der Advokat und fürstliche Hofkammerrat Justus Schumacher (~ 04.03.1683; † ?), ein Cousin von Nr. 2 und Sohn des Wolrad Schumacher (Klosterstraße 7), von Trauvetter erwarb. Er heiratete am 23. Februar 1707 in Naumburg (Kreis Kassel) Louise Margarethe Schotte (~ 23.02.1686 in Elben [ Naumburg-Elbenberg]; † ?), Tochter des Obersten Hieronymus Schotte und der Anna Margarethe Pletsch (?). Justus Schumacher immatrikulierte sich am 17. Mai 1702 in Jena, erwarb am 20. Februar 1712 die Korbacher Bürgerrechte, wird als 1707 Procurator, 1721 als Advocat und 1745 als Fürstlicher Hofkammerrat genannt. Folgende sechs Kinder sind bekannt: [3]

a) Johann Daniel Schumacher (1707-)
b) Eleonore Wolradine Schumacher (1710-)
c) Johann Christian Schumacher (1713-)
d) Georg Friedrich Burchard Schumacher (1715-)
e) Henrich Wilhelm Schumacher (1718-)
f) Henrich Wolrad Schumacher (1721-)

5. 1762 ging das Eigentum auf Johann Hermann Schumacher (~ 21.08.1712; begr. 25.03.1769) über. Er war Bürger seit 1762, Bergrat, Advocat sowie Gerichtsschultheiß zu Höringhausen, einziger Sohn des Franz Caspar Schumacher und der Catharina Wilstach. Am 5. Februar 1742 hatte er in Gießen Margarethe Elisabeth Gertrud Wilhelmine Kornacher (* um 1717; begr. 18.12.1780) geheiratet, Tochter des Amtskellners Henrich Ludwig Kornacher zu Reichelsheim (Wetterau) und der Auguste Marie Müller.

6. Durch Eheschließung mit Marie Juliane Franzisca Schumacher (~25.12.1748; begr. 06.08.1789), Tochter von Nr. 5, wurde im Jahr 1782 der Stadtphysicus und Hofmedicus Dr. med. Johann Friedrich Cäsar Kramer (~ 02.04.1751); 01.06.1794) neuer Eigentümer. Er war der Sohn des Apothekers Christian Friedrich Kramer und der Joh. Dorothea Elisabeth Strubberg, verwitwete Schmidt (Hirschapotheke).

7. 1798 stand das Haus zur Versteigerung (s.u.) und wurde von dem Kaufmann und Hofjuden Simon Salomon ersteigert. [4] Er war der Sohn des Handelsmanns und "Schutzjuden" Simon Salomon (Violinenstraße 2 und Klosterstraße 9). Dieser wird erstmals im Seelenregister 1762 erwähnt und zwar: "Jude Simon Salomon. 1 Mann, 2 Weiber, 1 Beiwohner, 2 Töchter = 6 Personen (aus Frömden Landen eingezogene 2 Männer, 2 Weiber, 2 Ledige)". Zu dieser Zeit war nur eine weitere jüdische Familie, die Nathans (Marktplatz 5a), in Korbach ansässig, nachdem Juden in Waldeck erst seit Mitte des 18. Jahrhunderts eine Niederlassungserlaubnis erhielten. Simon Salomon und seine Nachfahren führten den Namen Simon als Familiennamen. Simon Salomons bzw. Salomon Simons Ehefrau war eine geborene Wittgenstein, wahrscheinlich eine Tochter des Moses Meier-Wittgenstein (Professor-Kümmell-Straße 8a). Das Paar hatte vier Kinder:

a) Isaac Simon. Er wurde am 25.05.1808 getauft und hieß danach Carl.
b) Abraham Simon. Er wurde am 11.10.1812 auf den Namen Heinrich August Christian getauft.
c) Herz Simon. Nach der Taufe am 28.1.1807 hieß er Heinrich Christian und starb im Oktober 1811 als Dr. med. in Montjoi
d) Joseph Simon. Er wurde am 28.11.1814 auf den Namen Joseph Ludwig getauft.

Die Taufe der vier Kinder erfolgte in der Nikolaikirche. Ihr weiterer Lebensweg konnte nicht verfolgt werden. Nachkommen sollen noch in den USA leben. In der statistischen Liste des Jahres 1826 ist eine Witwe Heva Simon, 80 Jahre alt, erwähnt. Dem Alter nach könnte sie die Witwe des 1762 zugezogenen Simon Salomon sein. Mit ihr ist ein lediger, 33 Jahre alter Sohn Wolrad erwähnt. Der Eintrag weist den Zusatz "besorgt der Mutter Geschäfte" auf. Weitere Eintragungen sind in den folgenden Jahren nicht mehr vorhanden.

8. 1825 wurde der Gastwirt Ludwig (Louis) Brack (* 02.01.1784 in Herzogenbusch/Niederlande; † 19.11.1851) Eigentümer des Gebäudes. Er hatte seit 1825 die Bürgerrechte inne und war verheiratet mit Johanna Krüger (*1788/89 in Helsen; † 17.02.1869). Die Eltern des Ludwig Brack sind 1789 von Herzogenbusch nach Eisenach übergesiedelt.

9. 1844 Albert Brack (* 02.06.1816; † 16.07.1897), Kaufmann, Bürger 1844; 1885 bis 1888 Bürgermeister von Korbach, Sohn von Nr. 8. In erster Ehe verheiratet am 17. Juni 1849 mit Wilhelmine Juliane Emilie Reins (* 11.03.1824 in Wethen; † 06.06.1850), Tochter der Witwe Amalie Reins in Wethen. Am 21. August 1854 ging Brack eine zweite Ehe mit Charlotte Amalie Reischauer (* 24.12.1829 in Bückeburg; † 30.07.1875) ein, Tochter der Bürgermeisters von Wethen Wilhelm Reischauer und der Dorothea Ulrike Meyer (Stadthagen). Albert Brack gründte das noch heute bestehende, unter der Firma "Bettenhaus Brack" geführte Geschäft. Es handelt sich um eines der ältesten inhabergeführten Unternehmen in Korbach.

10. 1886 Johann Carl Eduard Albert Brack (* 10.06.1852; † 12.07.1916 in Marburg), Kaufmann, Sohn von Nr. 9, Bürger seit 1882. Er heiratete am 18. Juni 1882 Auguste Henriette Caroline Louise Otto (* 07.10.1857; † 31.01.1946), Tochter des Bäckermeisters Wilhelm Otto und der Johanette Christiane Hermine Urspruch.

11. Im Jahr 1921 ging das Eigentum auf Hermann Brack (* 13.06.1884; † 29.07.1961), Sohn von Nr. 10, über. Brack war Kaufmann, 1923-1952 Stadtverordneter, Magistratsmitglied, Ratsherr, stellvertretener Bürgermeister, ab 1952 Stadtältester, 1930 Schützenkönig, 1936 Ehrenvorsitzender des TV 1850 Korbach, 1953 Ehrenmitglied der Schützengilde 1377. Er heiratete am 13. April 1921 Helene Scharpenack (* 13. April 1897 in Wülfrath; † 20.11.1979), Tochter des Gerbereibesitzers August Scharpenack und der Mathilde Schluck, beide aus Elberfeld.

Äußeres Erscheinungsbild

Im Güterverzeichnis von 1757, S. 46, findet sich folgende Beschreibung des Hauses:

"Wohnhaus in der Lengefelder Straße nebst Scheune; Garten im Sacke hinter Varnhagen Haus [Anm: Stechbahn 4]. Wohnhaus unter einem Dach mit Advocat Bunsen."

im Brandkassenregister von 1784, Nr. 181, ist das Gebäude wie folgt verzeichnet:

Wohnhaus 49 x 37 Fuß groß, Wert 500 Taler; dazu eine Scheune 34 x 34 Fuß, Wert 100 Taler"

Im Waldeckischen Intelligenzblatt, Ausgabe Nr. 30 vom 24. Juli 1798, findet sich folgende Versteigerungsanzeige: [5]

"Hochfürstliche Regierung hat zum besten Wail. Herrn Hof-Medicus und Doctor Kramers Kinder älterliches Wohnhaus zu Versilbern verfüget und mir den Auftrag zu desfalsig öffentlichen Versteigerung ertheilet.
Da ich nun hierzu auf den 7ten August in gedachter Kramerschen Behausung angesetzt habe; so wird solches denen Kaufliebhabern nicht nur sondern auch zugleich bekannt gemacht, wie auf diese aus zwey etagen bestehendes mit 4 wohnbaren theils gemahlten theils Tapezierten Stuben, 6 Kammern, einer Küche, Speise-Cammer, Keller, und räumlichen Boden, auch Pferde-, Küh- und Schweine-Stallung versehenes Hauß, nebst dazu gehörige besondere Scheure und im sogenannten Sack gelegenen Garten bereits 1430 Rthlr. im 20 fl. Fuß gebothen sey. Corbach, den 19ten Julii 1798. C.W. Waldeck."

Bilder

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Anmerkungen

[1] Hermann THOMAS (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 4, Lengefelder Straße - Schulstraße - Im Sack - Am Tylenturm, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1959, S. 25-27. Alle folgenden Daten, soweit nicht anders vermerkt, nach THOMAS. Falls nicht anders angegeben, sind alle genannten Personen in Korbach geboren und gestorben.
[2] Ausführlich zu Johann Conrad II. Schumacher: Martin RUDOLPH (Bearb.), Korbacher Bürgerfamilien - Die Nachkommen des Korbacher Bürgermeisters Curt Schumacher, 1585-1660, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1976, S. 26 ff.
[3] Alle Angabe über Justus Schumacher nach RUDOLPH (wie Anm. 2), S. 50.
[4] Alle folgenden Angaben über die Familie Salomon/Simon aus: Karl WILKE (Bearb.), Die Geschichte der jüdischen Gemeinde Korbach, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1993, S. 236-239, Nr. 131, 132.
[5] Bei THOMAS (wie Anm. 1) und WILKE (wie Anm. 3) heißt es fälschlich, die Anzeige finde sich in Heft Nr. 29 vom 17. Juni 1798. Die Ausgabe des Waldeckischen Intelligenz-Blatts kann online auf den Webseiten der Universität Kassel abgerufen werden: Waldeckisches Intelligenz-Blatt Nr. 30/1798.