Nikolaistraße 1 (Korbach)

Das Haus Nikolaistraße 1 im Oktober 2014.
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Das Haus Nr. 1 in der Nikolaistraße ist ein Fachwerkhaus in der Altstadt von Korbach [1]

Geschichte

1. Es handelt sich um das ehemalige Pfarrhaus der Neustadt. Das genaue Baujahr ist nicht bekannt. Der Vorgängerbau ist beim großen Stadtbrand von 1664 zerstört worden. Der heutige Bau ist einige Jahre nach dem Brand begonnen worden, wahrscheinlich um 1672. Bis 1887 blieb das Gebäude als Pfarrhaus in Besitz der Kirche. Zur Zeit des Brandes von 1664 wohnte hier der aus Wildungen stammende Pfarrer Günther Samuel Hartmann (Am Steinhaus 1) mit seiner Familie.

2. 1887 erwarb der Landwirt Carl Christian August Happe (* 24.06.1840; † Juni 1900 in Gadderbaum bei Bielefeld) das Haus. Er war der Sohn des Landwirts Georg Carl Ferdinand Happe und der Johanna Maria Christiane Brühmann. Am 25. Juni 1865 heiratete er Caroline Friederike Christiane Goette (* 24.09.1838; † 12.09.1899), Tochter des Landwirts Georg Philipp Goette und der Caroline Wilhelmine Goette. Ihm gehörte zuvor das Haus Tempel 16b, das beim Stechbahnbrand 1885 stark beschädigt wurde.

3. 1901 kaufte der Friseur und Zahntechniker Albert Seiler (* 16.7.1868 Naundorf/Kreis Weißenfels; † 30.10.1918) das Haus, Sohn des Louis Seiler und der Selma Preller, beide zu Naundorf/Kreis Weißenfels. Am 9. Juni 1896 heiratete er Anna Catharina Therese Hohmann (* 4.7.1868; † 15.9.1942), Tochter des Kammmachers Johann Jacob Hohmann (Lengefelder Straße 18) und der Christiane Henriette Friederike Pauline Schwaner.

4. 1918 erbte Anna Catharina Therese Seiler, geb. Hohmann (* 4.7.1868; † 15.9.1942), Witwe von Nr. 5, das Haus. In dem Gebäude übte ihr Sohn, der Zahnarzt Albert Seiler (* 19.3.1898; + 19.1.1973), seine Praxis aus.

5. 1940 Kreis Waldeck. Dienstgebäude des Kreisgesundheitsamtes unter Medizinalrat Dr. Thelemann.

6. 1956 erwarb der Zahnarzt Dr. med. dent. Otto Witzel (* 7.12.1908 Bad Emstal-Sand; † 29.6.1968) das Anwesen. Er war der Sohn des Pfarrers Franz Witzel und der Amalie Scheffer, zuletzt in Kassel). Am 30. Mai 1936 vermählte er sich in Kassel mit Margret Häußler (* 15.1.1911; † 21.6.1997), Tochter des technischen Betriebsleiters Georg Häußler und der Antonie Hilß, beide aus Michelstadt im Odenwald.

7. 1968 Sohn von Nr. 6.

8. Im Juli 2006 kaufte die Waldecker Bank eG das Haus, nachdem der Voreigentümer seine dort betriebene Zahnarztpraxis geschlossen hatte. Die Bank will das Gebäude als Archiv nutzen. [2]

Erscheinungsbild

Das wahrscheinlich um 1672 errichtete Haus verfügte auf der Ostseite, zum Haus Professor-Bier-Straße 14 hin gelegen, über einen Pfarrgarten mit Pfarrscheune. Die Scheune wurde 1901 abgerissen. Das Haus wurde vermutlich um 1756 auf der Rückseite durch einen Anbau um einige Meter verlängert. Im Brandkassenregister von 1784 werden die Gebäude unter den im öffentlichen Besitz befindlichen Häusern mit folgenden Maßen aufgeführt:

Wohnhaus: 47 x 33 Fuß, Wert: 250 Taler
Scheune: 42 x 34 Fuß, Wert 75 Taler
Stall: Wert 25 Taler.

Das schöne Fachwerkhaus steht steht heute etwas unglücklich inmitten von Verkehrsraum und grenzt mit allen vier Seiten direkt an Straßen und Parkraum. Südlich des Hauses lag einst der Garten des Gebäudes Unterstraße 5. Die Waldecker Bank erwarb das Gebäude 1964, ließ es in der Folgezeit abreißen und 1968/69 einen Kundenparkplatz hier anlegen. 2008 wurde im Zuge der Neuerrichtung des Hauses Professor-Bier-Straße 14 der zwischen diesem und dem Haus Nikolaistraße 1 liegende Grünstreifen (ehemaliger Pfarrgarten mit Pfarrscheune) entfernt und eine Tiefgarage nebst Parkoberdeck gesetzt. Der Raum zwischen den Gebäuden war zwar bereits früher als Parkplatz benutzt worden, der jedoch noch eine altstadtgerechte Erscheinung mit großen Bäumen und Begrünung aufwies. Seit der Errichtung des neuen Parkdecks liegt das Haus inselartig im Verkehrsraum. Leider verfügt das Gebäude auch nicht über die für Fachwerkhäuser gewünschten Sprossenfenster.

Der Hauseingang wurde 1920 von dem Stadtbaumeister Wilhelm Schleicher neu gestaltet. Die Haustüre mit der Treppe wurde zurückgesetzt. Die Pfosten des Portals wurden den Eckpfosten des Hauses nachempfungen. Ein Perlstab umrahmt das Portal, das durch Zwickel einen Rundbogen erhielt. Da der damalige Besitzer der Zahnarzt Albert Seiler war, ließ dieser sein Monogramm, ein verschlungenes AS mit der Jahreszahl 1920, über den Portal in den Querbalken einschnitzen. Diese Inschrift wurde später übermalt und ist heute kaum noch zu erkennen. [3]

Bilder

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Anmerkungen

[1] Hermann THOMAS/Karl WILKE/Lothar GERLACH (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 3, Kirchstrasse - Unterstrasse - Nikolaistrasse - Oberstrasse - In der Pforte - Brauberg - Ketzerbach - Ascher - Mauergasse, 2. Auflage, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 2003, S. 101-103. Alle folgenden Daten, soweit nicht anders vermerkt, nach THOMAS/WILKE/GERLACH. Falls nicht anders angegeben, sind alle genannten Personen in Korbach geboren und gestorben.
[2] HNA - Waldecker Allgemeine, Ausgabe vom 21. Juli 2016: "Waldecker Bank baut an".
[3] Vgl. Wilhelm HELLWIG, Schöne Hauseingänge in Alt-Korbach, in: Mein Waldeck, Beilage der 'Waldeckischen Landeszeitung' für Heimatfreunde, Nr. 16/1998.