Professor-Bier-Straße 12 (Korbach)

Das Haus Professor-Bier-Straße 12 im Oktober 2014.
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Das Haus Nr. 12 in der Professor-Bier-Straße ist ein um 1700 von Johannes Bornemann errichtetes Fachwerkhaus in der Altstadt von Korbach [1]

Geschichte

1. Das Grundstück gehörte zuvor zum Unteren Herrenhof.

2. Als erster Privateigentümer und Bauherr des Hauses wird 1699/1700 Johannes Bornemann (* 15.04.1649 in Mengeringhausen; begr. 20.09.1705) genannt. Er war der Sohn des Johannes Bornemann (* um 1613; begr. 09.5.1689, 76 Jahre) und der Margarethe Becker (* um 1617; † 16.01.1678, begr. 20.01.1678), Tochter des Bürgermeisters Jacob Becker in Mengeringhausen. [2] Am 23. Oktober 1677 heiratete er in Mengeringhausen Anna Sophia Bilstein (* 03.04.1659; begr. 09.10.1729), [3] Tochter des Hofgerichtsassessors I.U.D. Justus Bilstein und der Catharina Becker. [4] Bornemann war Amtmann zu Rhoden und Eilhausen, 1684-1691 Landrichter zu Korbach und 1691-1697 Amtmann auf dem Eisenberg. Johannes Bornemann und Anna Sophia Bilstein hatten mindestens zehn Kinder:

a) Georg Henrich Bornemann (* 08.08.1678 in Mengeringhausen; † ?) [5]
b) Marie Juliane Bornemann (* 15.10.1679 in Rhoden; † ?) [6]
c) Junge N.N. († 26.01.1680 in Rhoden, 11 Jahre)
d) N.N. († 03.03.1681 in Rhoden, 7 Wochen)
e) Mädchen, N.N. († 11.11.1680 in Rhoden)
f) Katharina Elisabeth (*12.01.1681 in Rhoden; † ?)
g) Johannes Konrad (* 13.02.1682 in Rhoden; † ?)
h) Johann Ulrich Bornemann (* 18.11.1683 in Rhoden; begr. 19.08.1748), Nr. 3
i) Maria Catharina Bornemann (* 01.05.1686; ~ 05.05.1686; † 04.03.1760) Johann Moritz Varnhagen (Stechbahn 4) [7] j) Johanne Margarethe Bornemann (~ 13.01.1695; † 26.11.1747) Henrich Friedrich Scipio (Professor-Bier-Straße 8).

3. Um 1729 wird der Advocat Johann Ulrich Bornemann (~ 18.11.1683 in Rhoden; begr. 19.08.1748), Sohn von Nr. 1, als neuer Eigentümer eingetragen. Er heiratete am 12. Oktober 1726 Johanette Juliane Margarethe Scipio (~ 05.10.1698 in Mengeringhausen; begr. 25.07.1767), Tochter des Pfarrers Johann Franz Scipio zu Korbach und der Anna Margarethe Bilstein. [8]

4. Im Jahr 1767 erhielt Johann Ludwig Engelhard (~ 17.12.1726; begr. 03.12.1789) das Haus, nachdem er am 24. Januar 1758 die Tochter von Nr. 3, Margarethe Henriette Bornemann (* 27.02.1728; begr. 17.07.1785) geheiratet hatte. Er war der Sohn des Kaufmanns und Zeugfabrikanten Heinrich Engelhard (Oberstraße 4) und der Maria Catharina Limpert. Er erwarb 1769 die Bürgerrechte, war Ratsmitglied in den Jahren 1777, 1778 und 1780 sowie Oberbürgermeister in den Jahren 1781/82. 1785/86 wird er als Advocat genannt.

5. 1789 erbte der Sohn von Nr. 4, der Advocat Henrich Theodor Christoph Engelhard (* 07.11.1758; † 11.06.1844 in Arolsen) das Haus. Er studierte in Gießen Jura und wird dort 1778 genannt. [9] Danach ließ er sich zunächst als Advokat in Korbach nieder. Von 1797 bis 1811 war er Stadtsekretär. Seit 1803 war er gleichzeitig Hofgerichtsassessor, ab 1811 Hofgerichtsrat. 1821 wurde er zum Geheimen Hofgerichtsrat ernannt und 1823 zum Direktor des Hofgerichts. 1835 ging er in den Ruhestand, blieb jedoch "Ehrenmitglied" des Hofgerichts. Am 3. Juni 1794 heiratete er Anna Eleonore Huge (* 18.12.1757; † 28.1.1805), Tochter des Diakonus Henrich Wilhelm Huge (Kirchstraße 18) und der Anna Christiane Juliane Hartwig. Sie war in erster Ehe verheiratet mit dem Kaufmann Friedrich Adolf Engelhard, einem Onkel des Theodor Engelhard. Der Todeseintrag im Kirchenbuch der Neustadt lautet: "Beweint von allen, die ihre Bravheit und Menschenfreundlichkeit kannten." Eine zweite Ehe ging er am 19. Juni 1806 in Arolsen mit Johanette Christiane Strube (* 03.08.1755; † 26.1.1819) ein, Tochter des Oberbürgermeisters Otto Michael Strube und der Luise Magdalene Reichmann. Sie war in erster Ehe verheiratet mit dem Apotheker Simon Contze (Stechbahn-Kriegerdenkmal). Durch die Ehe mit Johanette Christiane Strube wurde Theodor Engelhard im Jahr 1819 Eigentümer der Contzenschen Apotheke.

6. 1794 wurde das Eigentum an dem Haus auf die Schwester von Nr. 5, Anna Henriette Juliane Engelhard (* 14.04.1764; † 26.05.1828) übertragen. Sie war unverheiratet.

7. 1828 fiel das Haus nach dem Tod von Nr. 6 zurück an Nr. 5.

8. 1839 erhielt der einzige überlebende Sohn von Nr. 5 aus erster Ehe, Julius Christoph Georg Engelhard (* 21.07.1795; † 15.12.1860), das Haus. Er war seit 1819 Bürger der Stadt und in den Jahren 1840-42, 1848-49 sowie 1851-1853 Bürgermeister. Er verkaufte das Gebäude jedoch im gleichen Jahr an Nr. 9, da er bereits seit 1819 Eigentümer der Contzenschen Apotheke war (Stechbahn-Kriegerdenkmal; siehe dort).

9. 1839 erwarb der Kaufmann Carl Christian Curtze (* Januar 1805; † 10.05.1852) das Haus. Er war der Sohn des Hutfabrikanten Daniel Curtze (Stechbahn 20) und der Maria Philippine Brüne. Im Jahr 1829 erhielt er die Bürgerrechte. Er wird auch als Milizrezeptor und Stadtrentmeister genannt. Am 2. Februar 1834 vermählte er sich mit Friederike Wilhelmine Brandt (* 18.07.1807 in Nieder-Waroldern; † 30.01.1836), Tochter des Pfarrers Philipp Christian Brandt in Nieder-Waroldern und der Anna Maria Brechenmacher. Eine zweite Ehe ging er am 26. Dezember 1836 mit Johanna Caroline Friedrike Louise Postelmann (* 08.07.1805; † 18.10.1875) ein,Tochter des Silberarbeiters und Kaufmanns Wilhelm Ernst Christoph Postelmann (Stechbahn 32) und der Maria Wilhelmine Müller, Witwe des Buchdruchkers Johann Henrich Lorich. Carl Christian Curtze ist der Begründer des seit 1829 bestehenden Eisenwarengeschäfts "C.C. Curtze". Es wurde 1829 zunächst im Haus Stechbahn 20 eröffnet und 1834 in die Klosterstraße 5 verlegt. [10] Seit 1839 befand sich der Stammsitz des Geschäfts im Haus Professor-Bier-Str. 12, das seit 1976 in der Skagerrakstr. 27 seinen Sitz hat.

10. 1855 wurde der Sohn von Nr. 9 aus zweiter Ehe, der Kaufmann Adolf Carl Christian Curtze (* 01.03.1838; † 23.0.1918), als neuer Eigentümer eingetragen. Er erwarb 1866 die Bürgerrechte und heiratete am 18. November desselben Jahres Emilie Friederike Henriette Clara Müller (* 13.12.1843; † 27.10.1927), Tochter des Kaufmanns Friedrich Wilhelm Müller und der Caroline Wilhelmine Louise Waldeck.

11. Im Jahr 1918 erbte der Kaufmann Adolf Curtze (* 22.07.1871; † 04.01.1923), Sohn von Nr. 10, das Haus. Er nahm am 3. Juni 1901 in Brinkum Elisabeth Lindhorst (* 01.09.1880 in Brinkum; † 19.09.1952) zur Frau.

12. 1923 fiel das Haus im Wege der Erbfolge an den Kaufmann Adolf Curtze (* 08.06.1902; † 02.08.1989), Sohn von Nr. 11. Er heiratete am 9. Oktober 1930 Marie Cuntze (* 05.11.1908 in Groß-Bolumin/Kreis Kulm [Westpreußen, heute Polen]; † 16.11.1990).

13. 1989 erbten die Söhne von Nr. 12 das Haus:

a) ...
b) Erich Curtze (* 05.05.1940; † 25.11.2018).

14. 1996 Nr. 13 a).

Erscheinungsbild

Im Güterverzeichnis von 1757 wird das Haus auf Seite 148 wie folgt beschrieben:

"Bornemann Advocat rel. Wohnhaus in der Berndorfer Straße an Joachim Henrich Salms rel. Haus unter dem Herrenhof. Der an der Seite gelegene Garten und auch der Garten hinter dem Hause gehört dazu. Ferner gehören zu dem Hause zwei Plätze, auf welchen zwei kleine Häuser stehen. Eins ist abgebrochen und jetzt Mistestätte, das andere wird noch abgebrochen. Kaufbrief von 1699 von Graf Christian Ludwig Graf zu Waldeck, über verkaufte zwei herrschaftliche Gärten in der Stadt, ein Haus und Scheune darauf zu bauen nebst zwei kleinen Häuserchen am Herrenhofe an Amtmann Bornemann verkauft mit allen Real- und Personalfreiheiten, wie solche die besagten Plätze bis dahin gehabt hätten."

Im Brandkassenregister von 1784 findet sich folgender Eintrag:

"Wohnhaus aus Holz, 70 x 37 Fuß, Wert 500 Taler."

Noch im Jahr 1840 wird im Kataster der Neustadt, Band VI, 1, Seite 255, auf die Steuerfreiheit hingewiesen:

"Haus und Garten liegen auf dem Herrschaftlichen Herrenhof und sind schoßfrei."

Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Putz entfernt und das Fachwerk freigelegt. Bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts wurde das Erdgeschoß mehrfach durch den Einbau von Geschäftsräumen verändert. Nach der Inbetriebnahme der neuen Geschäftsräume in der Skagerrakstr. 27 am 21. Januar 1976 wurden die Warenbestände in der Professer-Bier-Straße nach und nach in die neuen Räume umgelagert. Die bisherigen Verkaufsräume wurden in den Jahren 1978 bis 1989 in den Sommermonaten noch für den Verkauf von Gartenmöbeln genutzt. Zwischen 1990 und 1999 wurden Sanierungsarbeiten an der Fassade durchgeführt, angefaulte Balken am Giebel erneuert, der Putz an den Gefachen ausgebessert, das Haus gestrichen. Im Jahr 1995 wurde ein neues Treppenhaus angebaut und Fenster ausgewechselt.

1977 wurde vor dem Haus eine von Peter Lehmann (1921-1995) geschaffene Figurengruppe aus Bronze aufgestellt: ein Korbacher Nachtwächter mit zwei Hunden. Der heulende Hund findet sich identisch auch in der ebenfalls von Peter Lehmann geschaffenen Bremer Figurengruppe "Schweinehirt und seine Herde".

Nach dem Auszug der Firma C.C. Curtze befanden sich in dem Haus lange Jahre Modegeschäfte, seit 2017 ein Sanitätshaus (Stand: Juli 2019).

Bilder

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Anmerkungen

[1] Hermann THOMAS/Karl WILKE (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 2, Professor-Bier-Straße - Hinter dem Kloster - Bunsenstraße, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.), 2. Auflage 1998, S. 69-72. Alle folgenden Daten, soweit nicht anders vermerkt, nach THOMAS/WILKE. Falls nicht anders angegeben, sind alle genannten Personen in Korbach geboren und gestorben.
[2] Herbert VOIGT/Christian MEUSER (Bearb.), Waldeckische Ortssippenbücher, Band 89, Mengeringhausen, Waldeckischer Geschichtsvereins e.V. (Hrsg.), Bad Arolsen 2014, S. 58, Nr. 661, 662; Helmut NICOLAI (Hrsg.)/Wilhelm HELLWIG/Ingeborg MOLDENHAUER (Bearb.), Waldeckische Wappen - Beiträge zur Familiengeschichte, Teil 2 - Bürgerwappen, Arolsen 1987, S. 153, Nr. 47, Bornemann I; Helmut NICOLAI/Wilhelm HELLWIG/Ingeborg MOLDENHAUER (Bearb.), Waldeckische Wappen - Beiträge zur Familiengeschichte, Teil 3 - Wappen der waldeckischen Städte und Großgemeinden, Familienwappen und Hausmarken, Waldeckischer Geschichtsverein (Hrsg.), Arolsen 1991, S. 134, Nr. 51, Bornemann III. Vgl. zu Jacob Becker auch die Ausführungen über Engelbert Becker.
[3] VOIGT/MEUSER (wie Anm. 2), S. 59, Nr. 665.
[4] VOIGT/MEUSER (wie Anm. 2), S. 48, Nr. 510.
[5] VOIGT/MEUSER (wie Anm. 2), S. 59, Nr. 665.
[6] Hilmar G. STOECKER/Friedrich HÜBEL (Bearb.), Waldeckische Ortssippenbücher, Band 51, Rhoden, Waldeckischer Geschichtsverein e.V./Magistrat Diemelstadt (Hrsg.), Korbach 1994, S 80, Nr. 353.
[7] Hermann STEINMETZ, Die waldeckischen Beamten vom Mittelalter bis zur Zeit der Befreiungskriege, in: Geschichtsblätter für Waldeck, 47. Band (1955), S. 102, gibt den 04.03.1761 als Todestag der Maria Catharina Bornemann an; Hermann THOMAS (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 5, Stechebahn - Violinenstraße - Heumarkt - Am Steinhaus, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1959, S. 10.
[8] VOIGT/MEUSER (wie Anm. 2), S. 477, Nr. 6319.
[9] Hermann STEINMETZ (Bearb.), Die Stadtsekretäre in Korbach, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1953, S. 18-19.
[10] Bei THOMAS/WILKE (wie Anm. 1) heißt es, das Geschäft sei in der Klosterstr. 5 eröffnet worden. Die ersten fünf Jahre hatte C.C. Curtze - nach früheren Angaben auf der Webseite der Firma C.C.Curtze - jedoch Räume im Haus Stechbahn 20 für sein Geschäft angemietet.