Professor-Kümmell-Straße 10 (Korbach)

Das Haus Professor-Kümmell-Straße 10 im März 2016.
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Das Haus Nr. 10 in der Professor-Kümmell-Straße ist ein wahrscheinlich im Jahr 1683 von Conrad Bange errichtetes Fachwerkhaus in der Altstadt von Korbach. [1]

Geschichte

1. Erster bekannter Eigentümer und Bauherr war sehr wahrscheinlich Conrad Bange (* 1631; † 17.02.1702). Er war der Sohn des Curt Bangen (Bürger 1615) und erwarb 1656 die Bürgerrechte. Er war Ratsmitglied in den Jahren 1677, 1681-82, 1684, 1689, 1691-1692 und 1694. Ferner ist er als Ratsrentmeister und Stadtrezeptor bezeugt. Seine Frau hieß Elisabeth, Geburtsname unbekannt (* um 1640; † 16.10.1710, 71 Jahre). Das Paar hatte wenigstens drei Kinder: Anna Catharina Bange, die in das Nachbarhaus Kirchstraße 11 einheiratete, Johann Daniel Bange, der das Nachbarhaus Kirchstraße 26 errichtete und Johann Dietrich Bange (Hinter dem Kloster 7), dessen Witwe das Grundstück Im Sack 10 kaufte (siehe dort).

2. 1710 kaufte der Kauf- und Handelsmann Adolph Wilhelm Rocholl (* 20.10.1680 in Radevormwalde; † 10.07.1737) das Haus. Er war der Sohn des Bäckermeisters und Krämers Bernhard Rocholl und der Maria Eva Volkmann aus Radevormwalde. Er erwarb 1707 die Bürgerrechte und heiratete am 21. Oktober 1711 Christiane Bruder (* 24.11.1693 in Helsen; † 03.09.1724), Tochter des Johann Daniel Bruder, Pfarrer zu Niederense und der Anna Catharina Grothe aus Wetterburg. Eine zweite Ehe ging er am 21 November 1725 mit Anna Elisabeth Keller (* 1700 in Soest; † 09.04.1739), Tochter des Diakonen zu Soest Caspar Keller und der Anna Hedwig Schrader.

3. 1739 Johann Gottfried Rocholl.

4. 1781 Johann Christian Trost.

5. Ab 1787 gehörte das Haus Johann Karl Rocholl (* 15.05.1756; † 30.11.1813). Er war der Sohn des Kaufmanns Johann Gottfried Rocholl und der Johanetta Louise Hagebusch. Am 18. Mai 1781 heiratete er Maria Dorothea Sophie Wilhelmine Hoehle (*14.10.1760 in Arolsen; † 20.05.1783), Tochter des Pfarrers zu Vasbeck Johann Christian Hoehle und der Eva Margarethe Aubekönigin. Eine zweite Ehe ging er am 4. Februar 1784 mit Henriette Wilhelmine Postelmann (~ 16.04.766; † 23.08.1833 in Rhoden) ein, Tochter von Nr. 4. Rocholl war 1779 Lehrer am Gymnasium, 1788 Diaconus und Pfarrer zu Lengefeld und Lelbach sowie 1801 bis 1813 Pfarrer der Nikolaikirche. 1784 erwarb er die Bürgerrechte. Zuvor war er Eigentümer des Hauses Stechbahn 5.

6. 1820 erwarb der Blau- und Schönfärber Christian Philipp Neumann (* 18.07.1792; † 29.06.1869) das Anwesen. Er war der Sohn des Metzgermeisters Peter Adolph Neumann (Stechbahn 18a) und der Dorothea Juliane Elisabeth Postelmann. Er erhielt 1817 das Bürgerrecht und ging am 26. Mai desselben Jahres die Ehe mit Maria Wilhelmine Caroline Fritzner (* 29.01.1799; † 09.05.1835) ein, Tochter des Schönfärbers Caspar Fritzner und der Dorothea Wilhelmine Schwarz aus Arolsen. Seine zweite Ehefrau wurde am 15. Oktober 1837 Johanne Wilhelmine Christiane Postelmann (* 19.10.1796; † 12.04.1868), Tochter des Silberarbeiters Wilhelm Ernst Christoph Postelmann und der Maria Wilhelmine Müller, Witwe des Buchdruchkers Johann Henrich Lorich (Stechbahn 32).

7. Im Jahre 1859 wurde das Eigentum auf den Schönfärbermeister Johann Ludwig Wilhelm Neumann (* 18.06.1820; † 03.12.1862) übertragen, Sohn von Nr. 6. Er erhielt 1844 die Bürgerrechte und heiratete am 21. Juni 1850 Henriette Christiane Louise Mathilde Vesper (* 09.04.1831; † ?), Tochter des Kaufmanns Wilhelm Vesper und der Christiane Henriette Friederike Hartwig.

8. 1890 übernahm der Schwager von Nr. 7, der Schönfärbermeister Louis Heinrich Wilhelm Vesper (* 27.11.1837; † 06.03.1923) das Haus, Sohn des Kaufmanns Wilhelm Vesper und der Christiane Henriette Friederike Hartwig. Er vermählte sich am 21. Juli 1887 mit Wilhelmine Caroline Auguste Anna Schädla (* 30.04.1856; † 10.11.1927), Tochter des Färbermeisters Ludwig Carl Schädla und der Johanette Christiane Wilhelmine Caroline Otto.

9. 1926 Friedrich Fisseler.

10. 1984 Wohnstadt Entwicklungs- und Wohnbaugesellschaft mbH, Kassel.

Erscheinungsbild

Aus dem Jahr 1939 stammt die folgende Beschreibung: [2]

"Wohnhaus. Zweigeschossig, Fachwerk. Obergeschoß und Giebel vorgekragt. Quergebälkprofil doppelter Karnies mit geschnitztem Blätterfries. 8x8 Gefache. Giebelfront um 5 Gefache verlängert. Eckpfosten mit gewundenen Säulen und geschnitzten Kapitellen. Satteldach mit Krüppelwalm und Zwerchhaus in S-Pfannen mit Schiefereinfassung. Traufenseite zur Straße. E. 17. Jh."

Ein Artikel in der Waldeckischen Landeszeitung vom 13. November 1936 äußerte sich kritisch über den Zustand des Hauses: [3]

"Weil das so ist, bleibt es tief bedauerlich, daß das ehemalige Vesper'sche Haus in der Professor-Kümmell-Straße - leider in neuerer Zeit - fürchterlich verschandelt worden ist. So wie das Haus jetzt da steht, wartet es nur auf seinen Abbruch. Das ist um so bedauerlicher, als gerade dieses Haus besonders reich an dem kunstvollen Schnitzwerk ist. Die Schnitzmuster dieses Hauses kehren an keinem Haus Korbachs wieder. Mit dem Abbruch dieses Hauses würde also Korbach für ewige Zeiten um eins der schönsten Denkmäler seiner hohen handwerklichen Tradition ärmer werden. Für die Verschandelung gerade dieses Hauses ist kein Ausdruck scharf genug. Den Sachverständigen, besonders dem um die Stadt Korbach hochverdienten Bezirkskonservater Dr. Bleibaum, müssen wir es überlassen, - trotz allem - auch hier nach einer annehmbaren Lösung zu suchen. Die Stadt Korbach und auch der Kreis des Eisenbergs werden dann sicherlich gern bereit sein, durch eine finanzielle Hilfe der Sache zu dienen, und auch der Besitzer des Hauses wird rein geschäftliche Erwägungen dem großen Ziel eines neuen schöneren und kulturbewußten Deutschlands unterordnen."

Die Kritik galt dem Maurermeister Friedrich Fisseler, der seit 1926 Eigentümer des Hauses war. Er verkaufte 1927 den westlichen Teil des Gebäudes (heute Professor-Kümmell-Straße 12) an den Kaufmann Otto Seidel, der diesen Gebäudeteil abreißen und ein neues Steinhaus an seine Stelle errichten ließ (damals und heute wieder: "Rheinisches Kaufhaus"). Tatsächlich wurde das Haus Nr. 10 einige Jahrzehnte später durch den Landeskonservator von Hessen zum Abbruch freigegeben, konnte jedoch im Einvernehmen mit dem Hauseigentümer gründlich instandgesetzt und erhalten werden. [4] Die heutige "Verzierung" des Schnitzwerks an der Ecke Professor-Kümmell-Straße/Kirchstraße durch zahlreiche Verkehrsschilder gibt jedoch erneut Anlaß zur Kritik.

Bilder

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Anmerkungen

[1] Hermann THOMAS/Karl WILKE (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 1, Professor-Kümmell-Straße und Klosterstraße, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.), 2. Auflage 1996, S. 61-63. Soweit nicht anders vermerkt, sind alle folgenden Angaben hieraus entnommen. Falls nicht anders angegeben, sind alle genannten Personen in Korbach geboren und gestorben bzw. begraben. Im Band 1 der "Häuserbücher", auch in der hier verwendeten 2. Auflage, sind überwiegend Geburts- und Todestage angegeben, obwohl bis Mitte/Ende des 18. Jahrhunders in der Regel lediglich das Tauf- und Begräbnisdatum vermerkt wurde. In den anderen "Häusernbüchern" ist diesem Umstand Rechnung getragen. Es ist anzunehmen, daß die in Band 1 angegebenen Daten ebenfalls überwiegend Tauf- und Begräbnistage sind.
[2] Wolfgang MEDDING (Bearb.) in: Friedrich BLEIBAUM (Hrsg.), Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Kassel, Neue Folge, Dritter Band, Kreis des Eisenberges, Kassel 1939, S. 142.
[3] Ludwig BING, Denkmalpflege in Korbach, Waldeckische Landeszeitung vom 13. November 1936, zitiert nach: Klosterglöckchen - Nachrichten des Vereins ehemaliger Korbacher Gymnasiasten, 10. Jahrgang, Nr. 3, Juli 1937, S. 17-18 [18].
[4] Entgegnung des Korbacher Magistrats, in: Klosterglöckchen - Nachrichten des Vereins ehemaliger Korbacher Gymnasiasten, 37. Jahrgang, Nr. 4, Dezember 1970, S. 4.5 [4]. Die Entgegnung bezog sich auf eine Kritik Kurt DITTMANNs in: Klosterglöckchen, Nr. 2/1970, S. 2-4 [3], der die Verantwortlichen der Stadt in seiner "Laudatio für Bernd Sturm" als "Banausen" bezeichnet und ihnen "bösartiges Zerstörungswerk" vorgeworfen hatte. Der Magistrat wiederum sah durch die Kritik seine Arbeit "in beinahe unverzeihlicher Weise gestört".