Professor-Bier-Straße 11 (Korbach)

Das Haus Professor-Bier-Straße 11 im September 2014.
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Das Haus Nr. 11 in der Professor-Bier-Straße ist ein um 1836 von Richard Rube errichtetes Fachwerkhaus in der Altstadt von Korbach. [1]

Geschichte

Das Grundstück, auf denen heute die Häuser Nr. 9 und 11 stehen, gehörte im 16. und 17. Jahrhundert der Patrizierfamilie Hesporn. Diese im Jahre 1707 im Mannesstamm erloschene Familie wird bereits 1356 mit dem Ratsherrn Wilhelm Hesporn urkundlich erwähnt. [1a] Die Urkunden vom 6. Oktober 1377 über die Vereinigung der Altstadt und der Neustadt tragen u.a. die Unterschrift des Ratsherrn der Neustadt Hans Hesporn. Im 15. Jahrhundert ist ein weiterer Wilhelm Hesporn als mehrfacher Bürgermeister bezeugt. Nach der Familie ist der sogenannte "Hexengarten" in Korbach benannt, eigentlich "Hesporns Garten". Das Hespornsche Wohnhaus, das hier mindestens seit dem 16. Jahrhundert gestanden hat und etwa auf dem Platz der späteren Brandkasse stand (Professor-Bier-Straße 9), hat der Justizamtmann und spätere Kreisrichter in Wildungen, Richard Rube, 1836 abreißen lassen. [2]

1. Als erster Eigentümer des alten Wohnhauses ist Johann(es) Hesporn (* um 1470) verzeichnet. Er war mit Gertrud Holthausen verheiratet und in den Jahren 1513, 1516, 1520, 1525, 1531, 1534, 1537 und 1540 Bürgermeister der Stadt. Das Paar hatte mindestens drei Kinder: Konrad Hesporn (* um 1515), Franz Hesporn (um 1520 - um 1580) und Johann Hesporn († um 1580). [3]

2. Franz Hesporn (um 1520 - um 1580), Sohn von Nr. 1, verheiratet mit Elisabeth Leusmann, Tochter des Anton Leusmann und der Gertrud Voepel, Tochter des Michael Vöpel (Tränkestraße 14).

3. Johannes Hesporn, Sohn von Nr. 2, Bürger 1605, Ratsmitglied 1611, 1614, 1616, 1619, 1624, Notar, 1627-1635 Stadtrichter in Korbach, verheiratet mit Gertrud Schotte, Tochter des Amtmanns Stefan Schotte (Stechbahn/Kriegerdenkmal) und der Elisabeth Spiegel.

4. Apotheker Johann Heinrich Hesporn (~ 23.09.1612; begr. 02.11.1680), Sohn von Nr. 3, Bürger 1649, Ratsmitglied 1650, 1653, 1657, 1661, 1665, Oberbürgermeister 1667 und 1670. Seine Frau Anna Ursula, die im Jahre 1649 das Bürgerrecht erwarb, starb am 26. November 1673.

5. Im Jahr 1680 ist Dr. med. Franz Hesporn (* 1650; begr. 28.04.1707), Sohn von Nr. 4, als neuer Eigentümer verzeichnet. Er ist im Juli 1673 als Student in Rostock bezeugt. Seine erste Ehefrau Catharina Elisabeth stammte aus Marburg und starb am 5. Mai 1691 im Alter von 29 Jahren. Name und Herkunft der zweiten Ehefrau sind nicht bekannt.

6. Der waldeckische Forstschreiber Johann Caspar Gebhardt (* 1668; begr. 13.10.1729) erwarb im Jahr 1711 das Haus durch Eheschließung mit Christina Elisabeth Hesporn (~ 23.08.1687; begr. 28.07.1729), Tochter von Nr. 5.

7. 1743 geht das Eigentum auf den Advokaten Johann Henrich Conrad Wilstach (~ 16.05.1714) über. Er war der Sohn des Stadtmusicus Wolrad Wilstach (Stechbahn 20) und der Dorothea Margarethe Neumann. Wilstach war Bürger seit 1743, Oberbürgermeister 1758, 1759 und 1762 sowie Landrentmeister. Am 9. Mai 1741 heiratete er Margarethe Charlotte Schwellenberg (~ 23.04.1719; begr. 05.05.1778), Tochter des Amtsschreibers und Landrentmeisters Christian Schwellenberg und der Anna Gertrud Stuhlmann. Im Jahr 1747 verkaufte er das Haus an Nr. 8 und erwarb die Immobilie In der Pforte 1, wo er ein neues Haus errichten ließ.

8. Im Jahr 1747 übernahm Henrich August Schumacher (~ 16.02.1718; begr. 27.06.1792) das Gebäude. Er war der Sohn des Oberbürgermeisters Johannes Schumacher und der Catharina Elisabeth Wilstach, Tochter des Johannes Wilstach und der Christine Lucanus. Henrich August Schumachers Mutter war somit die Cousine des Vorbesitzers. [4] Schumacher war Bürger seit 1747, Oberbürgermeister in den Jahren 1752 und 1782 bis 1786, ferner Obercommissionsrat. Am 17. November 1744 heiratete er Dorothea Margarethe Maria Wiegand (~ 25.03.1729; begr. 05.04.1796), Tochter des Hofrats Dr. Justus Wiegand (Professor-Bier-Straße 4 und 5) und der Dorothea Charlotte Rube. Nach RUDOLPH (wie Anm. 4, S. 82), habe Henrich August Schumacher das Haus im Jahr 1750 neu errichtet. THOMAS/WILKE (wie Anm. 1, S. 32) geben hingegen an, das alte Hespornsche Haus auf dem heutigen Grundstück Nr. 11 sei seit 1750 als Scheune genutzt worden. Die Eheleute Schumacher/Wiegand hatten mindestens zwei Kinder:

a) Friedrich August Schumacher, Nr. 9
b) Christina Wilhelmine Marie Schumacher Christoph Rube (Dalwigker Straße 1)

9. Im Wege der Erbfolge wurde der älteste Sohn von Nr. 8, Commissionsrat Friedrich August Schumacher (~ 01.01.1747; begr. 13.11.1813), im Jahr 1793 neuer Eigentümer. Er erlangte im gleichen Jahr die Bürgerrechte und blieb unverheiratet. Eine Wohnung im Haus war an den Maurermeister Wilhelm Richter vermietet.

10. Der Kaufmann und Postverwalter Johann Friedrich Koch (* 11.04.1767 in Strothe; † 11.04.1828) erwarb das Haus 1813, indem er es gegen sein gegenüberliegendes Gebäude, Professer-Bier-Straße 8, tauschte. Bei THOMAS/WILKE (wie Anm. 1), S. 36, heißt es, Johann Friedrich Koch habe das Gebäude mit Nr. 9 getauscht. Auf S. 66 wird hingegen angebenen, Tauschpartner sei der Stadtkommissar Ernst August Theodor Schumacher (1756-1830) gewesen. Letzteres erscheint wahrscheinlicher, da Nr. 9 bereits im Jahr 1813 kinderlos starb. Ernst August Theodor Schumacher war sein Cousin und hat das Haus vielleicht geerbt. [5]

11. 1836 übernahm der Justizamtmann Friedrich Richard Heinrich August Rube(~ 15.08.1799; † 27.12.1858 in Nieder-Wildungen) das Haus. Er war der Sohn des Friedrich Rube (Dalwigker Straße 1) und der Luise von Rhena. Er erwarb 1823 die Bürgerrechte, war seit 1835 Justizamtmann in Korbach und seit 1850 Kreisrichter in Nieder-Wildungen. Am 26. Dezember 1827 vermählte er sich mit Auguste Henriette Adelheid Giesecken (* 28.08.1805; † 06.1.1874), zweite Tochter des Oberamtmanns Carl Philipp Gottlieb Giesecken und der Johanna Henriette Christiane Quensell.

12. 1858 Erbengemeinschaft Richard Rube.

13. Von 1875 bis 1899 war das Gebäude, obwohl in der Neustadt gelegen, das Pfarrhaus der Altstadt St. Kilian. Am 1. Oktober 1899 konnte der Pfarrer August Koch das neue Altstädter Pfarrhas in der Kilianstraße 5 beziehen.

14. Bereits 1897 hatten der Zimmermeister Friedrich Bangert und der Maurermeister Heinrich Ilian das Haus gekauft. Sie bauten das Erdgeschoß zu Geschäftsräumen um, in denen bis 1903 der Kaufmann Richard Niehm und nach ihm, bis 1908, der Kaufmann Karl Henkel ein Lebensmittel- und Kolonialwarengeschäft betrieben haben.

15. 1909 erwirbt der Metzgermeister Johann Georg Thomas Wilhelm Louis Tent (* 19.11.1848; † 30.12.1923) das Haus. Er war der Sohn des Metzgermeistes Louis Tent (Rathausgasse 5) und der Marie Wilhelmine Nelle. Louis Tent gehörte von 1880 bis 1909 das elterliche Haus Rathausgasse 5, das er 1909 zum Erwerb des vorliegenden Hauses veräußerte. Am 30. Dezember 1877 heiratete er Friederike Caroline Henriette Marie Curtze (* 24.12.1856; † 19.06.1910), Tochter des Johann Friedrich Wilhelm Curtze und der Marie Henriette Louise Benn. Aus der Ehe ging mindestens ein Kind hervor: Nr. 16. Dieser Zweig der Familie führte früher den Beinamen "Russen-Tent", später wegen der ehemals vor diesem Haus befindlichen Treppe den Beinamen "Treppen-Tent".

16. Im Jahr 1923 erbte der Metzgermeister Ludwig Tent (* 27.10.1878; † 21.11.1950), Sohn von Nr. 15, das Haus von seinem Vater. Er war in erster Ehe verheiratet mit Emma Happe (* 02.10.1883; † 16.10.1927), Tochter des Heinrich Georg Friedrich Happe und der Auguste Schmalz. Eine zweite Ehe ging er am 27. Januar 1929 mit Friederike Hufeisen (* 22.08.1895; † ?) ein, Tochter des Wilhelm Hufeisen und der Karoline Brand aus Ober-Waroldern.

17. Wiederum durch Erbschaft fiel das Haus 1950 an die Brüder

a) Metzgermeister Ludwig Tent (* 27.10.1910; 28.02.1981) 16. April 1949 mit Luise Bangert († 2013 [6] )
b) Metzgermeister Heinrich Tent (* 10.05.1914; † 12.03.1998) 24.03.1951 mit Wilhelmine Bangert.

Die Brüder Tent waren Söhne aus der ersten Ehe von Nr. 16. Ihre Frauen waren Schwestern und Töchter des Lehrers Wilhelm Bangert und der Luise Pohlmann.

18. Sohn von Nr. 17a.

Bilder

Anmerkungen

[1] Hermann THOMAS/Karl WILKE (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 2, Professor-Bier-Straße - Hinter dem Kloster - Bunsenstraße, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.), 2. Auflage 1998, S. 32-27.
[1a] In einem Kaufvertrag vom 20. März 1474 wird der "verstorbene Wilhelm Hesporn" genannt: Bernd KRÖPELIN (Bearb.), Korbacher Urkunden - Regesten, Band 1, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1997, S. 84-85, Nr. 249. Wegen der dazwischen liegenden langen Zeitspanne dürfte es sich jedoch um einen Nachfahren des 1356 bezeugten Wilhelm Hesporn handeln.
[2] Alle folgenden Daten, soweit nicht anders vermerkt, nach THOMAS (wie Anm. 1). Falls nicht anders angegeben, sind alle genannten Personen in Korbach geboren und gestorben.
[3] Helmut NICOLAI/Wilhelm HELLWIG/Ingeborg MOLDENHAUER (Bearb.), Waldeckische Wappen - Beiträge zur Familiengeschichte, Teil 3 - Wappen der waldeckischen Städte und Großgemeinden, Familienwappen und Hausmarken, Waldeckischer Geschichtsverein (Hrsg.), Arolsen 1991, S. 223, Nr. 252 (Hesporn I); vgl. den Lehnsbrief vom 25. Juni 1555, mit dem Conradus Hesporn und sein Bruder Frantz von Hermann von Viermünden und Reinhardt von Rehen mit einem halben Hof zu Dingerckhusen belehnt werden. Die Urkunde siegelte Michael Vöpel = Bernd KRÖPELIN (Bearb.), Korbacher Urkunden - Regesten, Band 4, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1998, S. 281 Nr. 860.
[4] Vgl. Martin RUDOLPH (Bearb.), Korbacher Bürgerfamilien - Die Nachkommen des Korbacher Bürgermeisters Curt Schumacher, 1585-1660, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1976, S. 24a, 44, 55-59.
[5] Vgl. RUDOLPH (wie Anm. 4), S. 83, 104, 112.
[6] Die Glocke, Gemeindebrief der Ev. Stadtkirchengemeinde Korbach, 30. Jahrgang, Herbstglocke, Nr. 110, September 2013, S. 48.