Der Hexenturm an der Kalkmauer. Der hohe Turm links stellt wahrscheinlich einen Torturm des Berndorfer Tores dar. Die Höhe ist übertrieben.
Der Hexenturm war ein Verteidigungs- und Gefängnisturm in der Stadtbefestigung von Korbach.
Der Hexenturm, auch genannt: "Turm auf dem Wassergraben", war Bestandteil der inneren Stadtmauer und befand sich an der Kalkmauer bzw. im Kalkhagen zwischen Berndorfer Tor und Tränketor. Das Erdgeschoß ist bis zu einer Höhe von ca. 5 Metern noch erhalten. Der Hexenturm diente als Gefängnis für der Hexerei und Zauberei verdächtigte Personen, die hier bis zu ihrem Prozeß eingesperrt und gefoltert wurden. Einen solchen Hexenprozeß mußte auch der Bürgermeister und Kaufmann Curt Schumacher über sich ergehen lassen. Der Hexenturm hatte ein spitzes Dach, an allen vier Ecken Erker mit Knöpfen und an den beiden Dachgiebeln ebenfalls Knöpfe. [1] Dieser Oberbau aus Fachwerk wurde Anfang des 18. Jahrhunderts abgenommen. [2] Zur selben Zeit wurden die meisten Stadttürme bis auf Mauerhöhe abgebrochen, so auch der Hexenturm. [3] Das in ihm verbaute Holz wurde verwendet, um ein Leiterhaus an der Nordseite der Nikolaikirche zu errichten. [4] Die Reste des Hexenturms finden sich heute auf privatem Grund zwischen den Häusern "Hinter dem Kloster 17" und "An der Kalkmauer 16" und sind von öffentlichen Straßen und Wegen nur noch eingeschränkt zu sehen. In der Literatur findet sich die Angabe, der Hexenturm sei 1906 eingestürzt. [4a] Auf welche Quelle sich diese Information stützt und ob sie zutrifft, ist nicht ersichtlich.
Im Jahr 1939 wurden seine Reste wie folgte beschrieben: [5]
"In dem Mauerabschnitt an der Nordseite der Neustadt der wiederhergestellte Stumpf eines kräftigen, in gestelztem Halbrund vorspringenden Turmes (Hexenturm) in seiner Mitte, über einer scharfkantigen Vorlage, eine liegende Scharte."
Grundriß und Ausmaße des Turmrestes lassen erkennen, daß der dem Wollweberturm wenigstens im Unterbau sehr ähnlich war. [6] Mit einem Durchmesser von ca. 9 Meter (geschätzt) war er ähnlich mächtig wie der Wollweberturm. Dieser Befund wird durch die Darstellung auf dem Kupferstich von Dilich aus dem Jahre 1605 (siehe Abb. oben rechts) bestätigt. Eine bei MEDDING (wie Anm. 2) abgebildete Fotografie, die mit "Ehemaliger Hexenturm" unterschrieben ist, zeigt fehlerhaft nicht die Reste des Hexenturms, sondern einen Turmstumpf im Schießhagen, an der inneren Stadtmauer, der oberhalb des Bolzplatzes nahe der Durchgangspforte zur Violinenstraße steht.
Die Bezeichnung "Turm auf dem Wassergraben" soll daher rühren, daß die Kuhbach zwischen dem Berndorfer Tor und dem Tränketor durch einen Graben zwischen den Stadtmauern geleitet worden sei, der hier sogar eine Mühle getrieben, weshalb sich im Kalkhagen kein Wall zwischen den Mauern befunden habe. [7] Die Bezeichnung "Hexenturm" wird nach THOMAS (wie Anm. 6) erst "neuerdings" verwendet. Hermann GENTHE benutzte den Begriff jedoch bereits 1879. [8]
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[1] Christian PAUL, Türme und Tore von Corbach, Nach den Akten des Stadtarchivs, in: Klosterglöckchen, Nachrichten für die Mitglieder des Vereins ehemaliger Corbacher Gymnasiasten, 5. Jahrgang (1932), Nr. 1, S. 3-5 [3]; vgl. auch Wolfgang MEDDING (Bearb.) in: Friedrich BLEIBAUM (Hrsg.), Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Kassel, Neue Folge, Dritter Band, Kreis des Eisenberges, Kassel 1939, S. 104.
[2] Wolfgang MEDDING, Korbach - Die Geschichte einer deutschen Stadt, 2. Auflage, Korbach 1980, S. 99.
[3] PAUL (wie Anm. 1), S. 4.
[4] PAUL (wie Anm. 1), S. 4.
[4a] Heinz STOOB (Bearb.), in: Erich Keyer (Hrsg.), Deutsches Städtebuch. Handbuch städtischer Geschichte, Band 4/1, Hessisches Städtebuch, Stuttgart 1957, S. 298.
[5] Wolfgang MEDDING (wie Anm. 1), S. 107.
[6] Hermann THOMAS/Karl WILKE (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 2, Professor-Bier-Straße - Hinter dem Kloster - Bunsenstraße, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.), 2. Auflage 1998, S. 119.
[7] THOMAS (wie Anm. 6).
[8] Hermann GENTHE, Geschichte der Stadt Corbach - Festschrift zur 3. Säkularfeier des Fürstlich Waldeckischen Landesgymnasiums zu Corbach, Mengeringhausen 1879, S. 55.