Professor-Bier-Straße 20 (Korbach)

Linke Bildhälfte, über der Kutsche, der ehemalige Saalanbau des Waldecker Hofes und Standort des Hauses Nr. 20.
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Das Haus "Nr. 20" in der Professor-Bier-Straße war ein Gebäude in der Altstadt von Korbach, das einstmals zwischen den Häusern der heutigen Hirsch-Apotheke (Professor-Kümmell-Straße 2) und der heutigen Waldecker Bank (Professor-Bier-Straße 18) stand. Heute steht auf dem Grundstück teilweise das Haus Nr. 18. Außerdem führt eine Durchfahrt zwischen der Waldecker Bank ("Autoschalter") und der Hirschapotheke über den ehemaligen Standort des Hauses zum dahinterliegenden Parkplatz der Bank (ehemals Unterstraße 5). Die Hausnummer 20 war nicht die offizielle Bezeichnung des Hauses, sondern wird hier nur aus Ordnungsgründen verwendet. 1737 errichtete Hermann Todt an dieser Stelle einen Fachwerkbau. Der Vorgängerbau wurde abgerissen. Das neue Haus wurde 1888 bei einem Brand zerstört. 1890 wurde der Saalanbau des Waldecker Hofs an dieser Stelle gebaut. Dieser wurde um 1965 abgerissen und durch den Bau der Waldecker Bank der heutige Zustand hergestellt.

Geschichte

Der durch moderne Architektur geprägte Platz des Einmündungsbereichs der Professor-Bier-Straße in die Professor-Kümmell-Straße ist heute architektonisch kaum noch als der Altstadt zugehörig auszumachen. Bereits im 19. Jahrhundert wurden die alten Fachwerkhäuser, die einst auf den Grundstücken der heutigen Waldecker Bank standen, abgetragen und durch Neubauten ersetzt, die ihrerseits seit den 1960er Jahren neueren Häusern weichen mußten. Vor dem Bau der Waldecker Bank waren dies von 1833/1890/1907 bis 1964 die nach und nach erweiterten Hotelgebäude des Waldecker Hofs. An der hier als "Hausnummer 20" bezeichneten Stelle, an der Ecke Professor-Kümmell-Straße/Professor-Bier-Straße, in der heutigen Durchfahrt zwischen Hirsch-Apotheke und Waldecker Bank, teilweise den südlichen Baukörper des heutigen Bankgebäudes umfassend, stand bis zu seinem Abriß der Saalanbau des Waldecker Hofes, davor ein Fachwerkhaus.

1. Erster bekannter Eigentümer des Grundstücks war Caspar Germighausen (* 1650; begr. 22.01.1711 in Rhoden), Sohn des Amtmanns Henrich Germighausen (Professor-Bier-Straße 5) und der Maria Elisabeth Leusmann. [1] Er ist 1664 als Student in Rostock bezeugt, war anschließend Advocat in Korbach, 1671 Verwalter zu Schaaken, 1672 Landsyndicus [2] , Ratsmitglied in den Jahren 1678, 1680 und 1683, Bürgermeister 1684 und Stadtsekretär in den Jahren 1677 bis 1684. Als Amtmann in Rhoden wurde er am 24. Juli 1690 eingeführt, ging 1693 als Amtmann nach Arolsen und diente von 1697 oder 1703 bis 1710 erneut als Amtmann in Rhoden und Eilhausen. [3] Über seine Ehefrau gibt es widersprüchliche Angaben: THOMAS (wie Anm. 1) und STEINMETZ (wie Anm. 2) geben an, er habe 1677 eine Anna Catharina Arnold (* 1646 in Frankenberg/Eder; begr. 26.12.1717 in Rhoden), Tochter des Bürgermeisters Philipp Christian Arnold in Frankenberg/Eder geheiratet. Nach STEINMETZ (wie Anm. 3, Band 44, S. 43) hieß sie jedoch Anna Catharina Krebs (1645-1717) und war die Tochter des Bürgermeisters Johann Hartmann Krebs in Münden. STEINMETZ zitiert zum Beleg der letztgenannten Angaben aus dem Bürgerbuch der Stadt Korbach:

"Am 8. Januar 1677 hat der zeitige Sekretär Caspar Germighausen in Versammlung des ganzen Rats nicht allein den Bürgereid abgelegt und also für sich und seine Eheliebste, Anna Catharina Krebsin, Herrn Bürgermeister Johann Hartmann Krebs von Münden eheleibliche Tochter, das Bürgerrecht gewonnen, sondern auch den gewöhnlichen Sekretäreid darin zugleich a tempore vocationis und der Präsentation vom 6. Oktober 1676 alle seine Aktiones mit eingenommen werden, wirklich prästieret und abgeschlossen, dabei ihm dann das Bürgerrecht für sich und seine Liebste mit alliger Einwilligung geschenkt worden."

Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor. [4] Im Ortssippenbuch Rhoden ist zum Jahr 1713 die Hochzeit des Sohnes Philipp Christian Germighausen verzeichnet. Als dessen Todestag wird jedoch irrtümlich das Sterbedatum des Vaters (22.01.1711) und als Ehefrau irrig seine Mutter Anna Katharina mit Sterbedatum 26. Dezember 1717 (71 Jahre) angegeben. [5]

2. Im Jahr 1690 wird der Metzgermeister Justus Asmuth (* 1641; begr. 22.06.1699, 58 Jahre) als neuer Eigentümer vermerkt. Er war der Sohn des Metzgermeisters Johannes Asmuth und der Catharina Ritter (→ siehe Stammfolge der Familie Asmuth). Am 5. Juni 1684 heiratete er Susanne Todt (* 1641; begr. 02.10.1733, 72 Jahre), Tochter der Edeling Engelhard und des Philipp Todt, Bürger 1617, vermutlich Bruder des Daniel Todt (Professor-Bier-Straße 18). Aus der Ehe gingen mindestens drei Kinder hervor:

1. Henrich Leonhard Asmuth (Lengefelder Straße 7).
2. Susanne Asmuth Johannes Goette (Dalwigker Straße zwischen Nr. 2 und Nr. 4)
3. Johannes Asmuth (Stechbahn 26).

Justus Asmuth erbaute 1690 auch das Haus Tränkestraße 1 (heute: Klosterstraße 22). Nach Justus Asmuths Tod ging seine Witwe am 27. Juni 1703 im Alter von etwa 62 Jahren eine zweite Ehe mit dem 36 Jahre jüngeren Metzgermeisters Johann Conrad Goette (~ 15.08.1677; begr. 27.02.1736) ein, Sohn des Johannes Goette (Dalwigker Straße 7) und der Juliane Vierordt. Er war Ratsmitglied in den Jahren 1717 und 1730.

3. Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt erwirbt der Schumachermeister Samuel Prin(t)z (~ 12.11.1697; begr. 27.09.1760) das Haus. Der Kauf dürfte nicht vor 1726 erfolgt sein, da Prin(t)z erst in diesem Jahr die Bürgerrechte erwarb. Er war der Sohn des Johannes Printz (Am Tylenturm 1) und der Anna Elisabeth Dulfigge. Er war in erster Ehe verheiratet mit Anna Elisabeth Catharina Loh aus Gießen (* um 1685 in Gießen; begr. 29.04.1749, 55 1/2 Jahre), Bürgerin seit 1726. Eine zweite Ehe ging er am 10. Oktober 1741 mit Anna Catharina Karhof (~ 17. April 1709; begr. 27.07.1778) ein, Tochter des Johann Conrad Karhof (Bürger 1705). Samuel Prin(t)z war zeitweilig auch Eigentümer des Hauses Hinter dem Kloster 8. Prin(t)z verunglückte zur Zeit des Siebenjährigen Krieges tödlich beim Abbruch der französischen Feldbäckerei am Tränketor, welche die Franzosen mit Steinen aus der Stadtmauer zwischen dem Tränke- und Dalwigker Tor errichtet hatten. Im Kirchenbuch der Neustadt (St. Nikolai) hat der damalige Pfaffer Georg Wilhelm Kleinschmit folgendes vermerkt:

"1760. September 27. Mstr. Samuel Printz, ein äußerst stiller und fleißiger Bürger, beim Abbrechen der allhier beim Tränkethor aufgerichteten französischen Bäckerei von einem herabgestürzten Balken getötet und darauf von mir stille begraben worden. 66 Jahre alt."

4. 1737 wird der Posthalter Hermannus Todt (* 1665; begr. 27.06.1740, 75 Jahre) als neuer Eigentümer des Grundstücks verzeichnet. Er war der Sohn von Nr. 2 und erwarb 1692 die Bürgerrechte. 1701 war er Ratsmitglied, in den Jahren 1706, 1708 und 1709 Pfennigmeister, Unterbürgermeister 1711, 1721 und 1730 sowie Oberbürgermeister in den Jahren 1734 und 1740. Am 26. Juli 1692 heiratete er Charlotte Scriba (* 1670; begr. 12.11.1716, 46 Jahre), Tochter des Pfennigmeisters Balthasar Scriba und der Kunigunde Kanngießer. Eine zweite Ehe ging er am 12. Januar 1718 mit Susanne Elisabeth Wagner (* 1697 in Frankfurt/Main; begr. 28.12.1781, 84 Jahre), Tochter des Kaufmanns Nicolaus Wagen in Frankfurt am Main. Von ihm ist 1737 das neue Haus an dieser Stelle errichtet worden. Ihm gehörte auch das Nachbargebäude Nr. 18.

5. Im Jahr 1760 wird der Posthalter Christian Wilhelm Todt (~ 21.05.1734; begr. 06.02.1778), Sohn von Nr. 4, als neuer Besitzer geführt. Er heiratete am 18. April 1759 Christiane Wilhelmine Friedrike Köhler (* 1744; begr. 14.01.1804, 59 Jahre), Tochter des Faktors von Vornhagen bei Waldeck, Christian Köhler.

6. 1795 Christian Todt

7. 1805 Jeremias Todt

8. 1812 Joseph Dreher

9. 1833 Friedrich Ludwig Frese

10. 1842 Carl Pieper

11. Über den nächsten Eigentümer ist nicht viel bekannt. Zu einem unbekannten Zeitpunkt, wahrscheinlich nach der Brandzerstörung des alten Hauses im Jahr 1888, wurde das Grundstück auf den Kaufmann Carl Friedrich Heinemann umgeschrieben (* um 1871; † in Frankenberg/Eder). Er betrieb ein Zigarrengeschäft und war verheiratet mit Johanna Schliephorst. Er erwarb 1895 das Haus Stechbahn 28 und verzog später nach Frankenberg.

12. 1890 Ludwig Gödde

Anmerkungen

[1] Hermann THOMAS/Karl WILKE (Bearb.), Die Häuser in Alt-Korbach und ihre Besitzer, Heft 2, Professor-Bier-Straße - Hinter dem Kloster - Bunsenstraße, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.), 2. Auflage 1998, S. 85-86, 90-91. Alle folgenden Daten, soweit nicht anders vermerkt, nach THOMAS/WILKE. Falls nicht anders angegeben, sind alle genannten Personen in Korbach geboren und gestorben.
[2] Hermann STEINMETZ (Bearb.), Die Stadtsekretäre in Korbach, Stadtarchiv Korbach (Hrsg.) 1953, S. 13-14.
[3] Hermann STEINMETZ, Die Waldeckischen Beamten vom Mittelalter bis zur Zeit der Befreiungskriege, in: Geschichtsblätter für Waldeck, Band 44 (1952), S. 22-62 [43]; ders., Die Waldeckischen Beamten vom Mittelalter bis zur Zeit der Befreiungskriege, in: Geschichtsblätter für Waldeck, Band 45 (1953), S. 90-174 [154].
[4] STEINMETZ (wie Anm. 3).
[5] Hilmar G. STOECKER/Friedrich HÜBEL (Bearb.), Waldeckische Ortssippenbücher, Band 51, Rhoden, Waldeckischer Geschichtsverein e.V./Magistrat Diemelstadt (Hrsg.), Korbach 1994, S. 116, Nr. 984.